2022 im Rückblick: Dreimal Neun und mehr
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2022 im Rückblick: Dreimal Neun und mehr

Als Neuzugang bei der ÜSTRA ist alles irgendwann das erste Mal. Als Pressesprecher bedeutet das: die erste Presseanfrage (Deutsche Presse-Agentur zur Einhaltung der 3-G-Regeln, falls noch jemand weiß, was das war), die erste Pressemitteilung (zu Fahrausweisprüfungen), das erste Interview (vergessen, worum es ging) und, und, und … Und zu guter Letzt: der erste Jahresrückblick, traditionell immer um diese Zeit und anders als bei einigen Fernsehsendern gefühlt nicht bereits im September.

2022. Ein Krisenjahr. Wie 2021, 2020 und 2019 auch. Immer noch Corona, am Ende des Jahres mit RSV (Respiratorische Synzytial-Virus-Infektionen) ein neues Kürzel, das vor allem unsere Mitarbeitenden und das Fahrpersonal im Stadtbahn- und Busbereich vor große Herausforderungen stellte und eine Organisations- und Improvisationskunst erforderte, die Respekt verdient. Dazu: Klimakrise, Energiekrise, Lieferkettenkrise und ein fürchterlicher Krieg in Europa.

Alle Neune

Die Zahl des Jahres war auch für die ÜSTRA sicherlich die 9. Das 9-Euro-Ticket. 52 Millionen Mal bundesweit verkauft, im Bereich des Großraum-Verkehr Hannover (GVH) mehr als 760 000-mal. Ein drei-Monats-Hit und tolle Werbung für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), denn jeder fünfte Käufer war ein Neukunde, der den ÖPNV zuvor normalerweise nie genutzt hätte. Erfreulicherweise ging es in den Medien irgendwann auch um solche Erfolgsstorys, nachdem man zum Start des 9-Euro-Tickets befürchten musste, dass es keine andere Geschichte zu erzählen gibt als die von der Nordseeinsel Sylt, die Angst vor dem Pöbel hat – und dafür zur Belohnung von Punks gestürmt wird. Und von Reportern, die darüber live berichten. Meine Lieblingsgeschichte war ohnehin eher die von jenem jungen Mann im Kundenzentrum, der unbedingt wissen wollte, wie teuer denn nun dieses 9-Euro-Ticket ist …

Eine meiner persönlichen Lieblingsfragen: „Wie viel kostet eigentlich das 9-Euro-Ticket?“ (Foto: Florian Arp)

Wer weiß noch, wohin er mit seinem ersten 9-Euro-Ticket gefahren ist? Hat jemand damit in einem Monat alle Stadtbahnlinien der ÜSTRA genutzt, um endlich mal Ecken in der Region kennenzulernen, in denen er vorher nie war? Haben Sie Ihre 9-Euro-Tickets aufbewahrt wie Fußballfans, die Karten von großen Spielen einrahmen und ins Wohnzimmer hängen? Wenn ja, dann haben Sie hoffentlich noch Platz an der Wand, denn im nächsten Jahr kommt das Deutschlandticket, das einen langen Anlauf brauchte nicht nur bei der Namensfindung übers Klimaticket und 49-Euro-Ticket bis zum jetzigen Namen. Wem das alles zu lang oder kompliziert ist: D-Ticket geht auch.

Spanischer Höhepunkt

Es war für die ÜSTRA ein spannendes Jahr. Mein geschätzter Pressesprecher-Vorgänger Udo Iwannek hat mir gleich zu Beginn erklärt, dass es zwei Höhepunkte im Leben eines ÜSTRA Pressesprechers gibt: eine Streckenverlängerung (da muss ich bis nächstes Jahr in Hemmingen warten) beziehungsweise eine neue Strecke. Und natürlich: eine neue Stadtbahn.

Ab 2025 in Hannover unterwegs: Die neue Stadtbahngeneration TW 4000. (Video: Tricon)
Mein geschätzter Vorgänger, Udo Iwannek, hat mir bereits prophezeit: Eine neue Stadtbahngeneration einzuweihen, sei eines der Highlights der ÜSTRA Pressesprecherarbeit. (Foto: Axel Herzig)

Bis der TW 4000 in Hannover zu sehen sein wird, dauert es noch ein wenig (bis November 2025). Stadtbahnfans üben seit dem September 2022 aber bereits die richtige Aussprache von Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles. Wer da wie ich kläglich scheitert, darf ruhig CAF sagen (ausgesprochen: Kaff), da sind die freundlichen Spanier, die unsere neue Stadtbahngeneration bauen werden, sehr entspannt.

Präsentation des neuen TW 4000: ÜSTRA Aufsichtsratschefs Ulf-Birger-Franz, ÜSTRA Vorständin Elke Maria van Zadel und CAF-Vertriebsleiter Koen de Clerq, präsentieren das neue Stadtbahnmodell. (Foto: Felix Albertin)

Die Vorfreude auf den für die Verkehrswende in der Region Hannover sehr wichtigen TW 4000 ist groß, und meine mangels Spanischkenntnisse bedingten Ängste vor der ersten gemeinsamen Pressekonferenz mit den drei CAF-Vertretern waren unberechtigt: Das sympathische Trio von CAF bestand aus einem Deutschen, einem Belgier und einem großartig Deutsch sprechenden Spanier …

Ich, bei der großen Pressekonferenz zum neuen TW 4000. (Foto: Felix Albertin)

Vorzeitiges Saisonaus am Maschsee

Ich hatte mich riesig auf den Start der Maschseeflotte gefreut, doch Corona nimmt auf so etwas keine Rücksicht. Dass Kapitän Jens Treudler und sein Team die Linien- und Charterfahrten im September frühzeitig einstellen mussten, war ärgerlich, auch wenn keiner dafür etwas konnte. Die anhaltende Trockenheit ließ die Pegelstände der Gewässer in der Region Hannover kontinuierlich sinken. Aufgrund der schlechten Wasserqualität in den Ricklinger Teichen – hervorgerufen unter anderem durch die starke Ausbreitung von Blaualgen – war ein Pumpbetrieb in den Maschsee nicht mehr möglich. Die vier Schiffe der Maschseeflotte von ÜSTRA Reisen konnten wegen Niedrigwasser nicht mal komplett ins Boothaus steuern. 2023 heißt es hoffentlich: neue Saison – mehr Wasser!

Pusteblume und Kröpcke-Uhr

Auf dem Weg zum CO2-freien Nahverkehr hat die ÜSTRA 2022 den nächsten großen Schritt gemacht: Die Ringlinie 100/200, die einmal durch Hannovers gesamte Innenstadt führt, wird nun ausschließlich mit Elektrobussen bedient.

Voll elektrisch unterwegs: Die Ringlinie 100/200 wird mittlerweile nur noch mit Elektrobussen befahren. (Foto: Florian Arp)

Ich finde die Anfang Oktober unter dem Motto „Voll elektrisch unterwegs: Die E-Linie“ gestartete E-Bus-Kampagne sehr gelungen, ein echter Hingucker ist ein vollbeklebter Bus mit Sehenswürdigkeiten aus der Landeshauptstadt in Kombination mit Naturmotiven. Pusteblume und Kröpcke-Uhr auf einem ÜSTRA-Bus – wer den eCitaro in diesem Jahr noch nicht gesehen hat, sollte unbedingt Ausschau nach ihm halten und eine Kamera dabei haben.

Gefeiert wurde in diesem Jahr auch – und zwar gleich im Doppelpack: Mit der Kostüm- und Theaterperformance „f i c t i o n t r a i n“ auf dem Betriebshof Glocksee wurde nicht nur der 130-jährige Geburtstag der ÜSTRA gewürdigt, sondern auch 150 Jahre Straßenbahnen in Hannover. Die Kulisse mit acht historischen Straßenbahnen und 70 Darstellerinnen und Darstellern, deren Kostüme von Studierenden der Hochschule Hannover entworfen und gefertigt wurden, verband elegant Vergangenheit und Zukunft, Tradition und Moderne. Ein Nashornwärter oder eine antike Göttin in einer Straßenbahn – wer würde da nicht mal gerne mitfahren.

Fliegende Blumentöpfe

Es gäbe noch viele, viele andere kleine Geschichten aus dem ÜSTRA Jahr 2022, aber das würde diesen Rückblickrahmen sprengen. Obwohl, eine Geschichte hätte ich noch, und dafür möchte ich aus unseren sogenannten Wachbucheinträgen zitieren, die ich als Pressesprecher jeden Tag bekomme, um zu wissen, was in unseren Stadtbahnen und Bussen sowie den Haltestellen und in den Stationen passiert. Also: „Vorfall: SF/in von 5/2 meldet, dass an der Haltestelle Kantplatz Richtung Stöcken ein Jugendlicher einen anderen Jugendlichen mit einem kleinen Blumentopf beworfen hat. Täter am Bahnsteig. Opfer in der Stadtbahn TW 2507“. Es gibt leider jeden Tag viel zu viele Wachbucheinträge, die einen wütend machen, weil sie von Bedrohungen, Belästigungen, Randalen oder Sachbeschädigungen handeln. Auch dieser Vorfall ist zwar kurios – Jugendlicher wirft vom Bahnsteig einen Blumentopf nach einem anderen Jugendlichen in der Bahn -, aber nicht lustig, und er wirft viele Fragen auf. Aber ich möchte den Rückblick 2022 mit einer guten Nachricht in der schlechten beenden, mit einem Hauch von Zuversicht: Solange junge Menschen noch mit Blumentöpfen unterwegs sind, ist nicht alles verloren.

Vorschlag für 2023: Mit Blumentopf in die Bahn einsteigen und ihn anderen Fahrgästen mit einem Lächeln schenken.

3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo,

    Der neue TW4000 sieht nicht schlecht aus. Hoffentlich wird der TW 6000 nicht von den TW 4000 abgelöst. Die letzten TW 6000 sollten doch in Hannover bleiben. Sie erfüllen ja ihren Zweck auf allen Stadtlinien. Ich würden den TW 6000 mal wieder gerne als Lienie 4 Richtung Garbsen- Roderbruch sehen,

    • Hi Carsten, perspektivisch sollen die TW 6000 tatsächlich vom TW 4000 abgelöst werden. Allerdings hast du ja noch etwas Zeit, um mit dem 6000er zu fahren. Viele Grüße Timo.

  2. Eigentlich sollten die TW 6000 vom TW 3000 abgelöst werden. Warum man dann nur drei statt vier Lieferlose bestellt hat, das weiß nur der liebe Gott alleine.

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