Zehn Jahre nur lagen zwischen dem Beginn des U-Bahn-Baus in Hannover 1965 und der Aufnahme des Stadtbahnbetriebs auf einer ersten Tunnel-Teilstrecke. Ein kurzer Überblick über das, was die Stadt buchstäblich Zug um Zug tiefgreifend veränderte.
Am Anfang stand eine Rede. Wie noch so viele weitere Male, wenn ein erster Spatenstich oder erster Rammschlag anstand. Am 16. November 1965 aber war es ein historischer und zugleich besonders weit in die Zukunft weisender Anlass, der der die Menschen nahe des Waterlooplatzes zusammenkommen ließ. Hannover bekommt eine U-Bahn. Gut, zunächst sollte Hannover ziemlich viele Baustellen bekommen. Eine Stadt ändert ihr Gesicht – das stieß nicht überall auf Begeisterung. Nicht zu vergessen: Das Ende des Zweiten Weltkrieges mit seinen das Herz Hannovers fast auslöschenden Zerstörungen lag beim Start des U-Bahn-Baus erst gut 20 Jahre zurück, der Wiederaufbau war im Wesentlichen gerade abgeschlossen. Und nun sollte es im Herbst 1965 wieder losgehen mit dem Gewühle, mittendrin am Kröpcke und auch in engen Bereichen mit geretteten Altbauten wie an der Markthalle oder der damaligen Celler Straße, die seit Eröffnung der U-Bahn Richtung Buchholz 1976 „Lister Meile“ heißt.
Am 23. Juni 1965 war der Ratsbeschluss „zur Verbesserung des Gesamtverkehrs und zur Förderung des öffentlichen Nahverkehrs in der Stadt Hannover eine U-Bahn zu bauen“ gefallen. Keine fünf Monate später ging es schon los, am Waterlooplatz, Ecke Gustav-Bratke-Allee. Nach kurzer Zeit war dennoch gleich wieder Schluss mit dem U-Bahn-Bau. Der Grund wirkt zunächst ein wenig typisch hannoversch: Es fehlte am nötigen Geld für den Bau. Tatsächlich änderte sich schon bald die Gesetzgebung, bundesweit. Ohne das „Gemeinde-Verkehrs-Finanzierungs-Gesetz“ (GVFG) hätte es so manche Verbesserung im Nahverkehr nie gegeben.
Fortschritt, das war stets ein Begleiter der „U-Bahn“ in Hannover, die als Stadtbahnsystem bei Experten weltweit Furore machte. Es sprach sich herum, dass man den Verkehr der Zukunft in Hannover trefflch erleben könne, in der „Stadtbahnstadt“. Die ebenso konsequente wie logische, abschnittweise Umstellung von Straßenbahn- auf Tunnelbetrieb, die kreuzungsfreien Anschlussstrecken, die Technik von Tunnel und Triebwagen standen im Fokus, auch sprunghaft steigende Fahrgastzahlen und die Neuordnung des Verkehrsraumes. Hier geschah alles mit Weitblick. Da war es dann auch kein Problem mehr, nach dem Zuschlag als Ausrichterstadt der Weltausstellung EXPO 2000 das Stadtbahnnetz passend zu ergänzen. Und auch danach war mit dem Um- und Ausbau des Netzes nicht Schluss. Nun wurde die erste Stadtbahnstrecke A runderneuert, erweitert und als erste vollständig barrierefrei. Jetzt fahren hier die neuen Stadtbahnwagen TW 3000 zuerst – ein Kreis schließt sich.
Einst, im September 1975, war an drei Tagen die Stadt aus dem Häuschen: Hannover fährt U-Bahn! Am Freitag, 26. September, wurde der Tunnelbetrieb aufgenommen, zunächst nur zwischen Hauptbahnhof und Goetheplatz. Ab Sonntag, 28. September 1975 fuhr die neue Linie 12 dann zwischen Hauptbahnhof und Oberricklingen, erst einmal parallel zu den Straßenbahnlinien 7, 14 sowie einigen Verstärkern in der Hauptverkehrszeit.
Der Erfolg blieb nicht aus, die Fahrgastzahlen stiegen teilweise sprunghaft an, ungeahnter Andrang stellte sich ein. Schon 1983 wurden (zur Messe) Dreiwagenzüge gefahren, ab 1998 sogar 100 Meter lange Vierwagenzüge. Heute sind 75-Meter-Züge aus drei „Silbernen“ bereits auf vier Linien – plus drei weiteren im Messeverkehr – ganz normal. Und wirklich niemand mag sich vorstellen, wie dieser Betrieb, diese Fahrgastzahlen ohne die vor mehr als 50 Jahren so nachhaltig geplanten und gebauten Tunnelanlagen auch nur annähernd bewältigt werden könnten. Sechs Bahnsteige und rund um die Uhr zehn Stadtbahnlinien am Kröpcke, manchmal mehr – und darüber Bäume und urbanes Leben, Schorsenbummel, Schützenausmarsch oder Weihnachtsmarkt. Hannover ist mit der Stadtbahn sichtlich grüner geworden.Viel geschah in diesen 40, 50 Jahren: Auf der noch 1974 zur Stillegung vorgesehenen langen Strecke nach Sarstedt fährt seit 1982 die Stadtbahnlinie 1 – größer kann ein Entwicklungssprung kaum sein. In alle Himmelsrichtungen wuchs das Netz, mal um eine Station (Mühlenberg 1977), mal um viele Kilometer (Bemerode, Altwarmbüchen, Misburg), mal bis in Nachbarstädte (Garbsen, Langenhagen) hinein. 1965 umfasste das Straßenbahnnetz 87 Kilometer, aktuell sind es 123,5 km (Gleislänge 253 km). Dazwischen wurde 30 Mal Streckeneröffnung gefeiert.
Erinnert sei auch daran: 1981 demonstrierten erstmals Rollstuhlfahrer bei einer Streckeneröffnung – es gab nämlich viel zu wenig Aufzüge und nur eine Handvoll Hochbahnsteige. Längst aber erwarten auch in der persönlichen Mobilität eingeschränkte Menschen ihre Stadtbahn mit Vorfreude, wie zuletzt in Misburg, denn mit ihr kommt mehr Selbstständigkeit. Der Alltag kann erheblich leichter werden.
Die oben beschriebene Liniennummer 12 war nur bei einer Tunnelstrecken-Inbetriebnahme dabei, eben der ersten 1975. Schon mit Eröffnung der zweiten Teilstecke am 4. April 1976 gab es die „12“ nicht mehr, und das hat sich bis heute nicht geändert. Irgendwie ist die historische Nummer für alle anderen Aufgaben tabu, sie hatte nur interne Bedeutung und fand sich seither auf keinem Netzplan. Für Fahrgäste rollt die geradezu legendäre „12“ dennoch zu ganz besonderen Anlässen, in diesem Jahrtausend jetzt zum zweiten Mal: 2005, als „30 Jahre Tunnelbetrieb“ gefeiert wurden, kehrte die „12“ für einen Tag auf ihre Strecke zurück. Das wird auch am Samstag, 26. September 2015, so sein, wenn der Förderverein Straßenbahn Hannover e.V. – er betreut die historischen Bahnen – und die üstra mit der Sonderlinie 12 Hauptbahnhof (U-Station) – Schwarzer Bär – Wallensteinstraße gemeinsam an nunmehr „40 Jahre Tunnelbetrieb“ erinnern.
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Soviel Mut müsste man auch bei dem Bau der D-Linie haben. Tunnelbau das wär schon nicht schlecht. Die Fahrgäste genießen es wenn sie mit der 10 von der Tunnelstation Hauptbahnhof fahren können.
Bei dem Gegenwind mit zum Teil äußerst hässlichen Bemerkungen, der den Planern von Projekt Zehn Siebzehn ins Gesicht geblasen wird, muss man wohl feststellen, dass auch sehr viel Mut dazu gehört, mit Projekt Zehn Siebzehn, dem oberirdischen barrierefreien Ausbau der D-Linie, die Kehrtwende weg von weiteren überteuerten Tunnelbauten zu meistern, die ja vor allem dazu dienten, dem Autoverkehr die unliebsame Straßenbahn als Verkehrshindernis aus dem Weg zu räumen. Kostprobe gefällig: „Das ist kein Kompromiss, sondern Kompromist“, meinte ADAC-Chef Reinhard Manlik.“ im HAZ-Forum im Oktober 2012. http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Was-bringt-uns-die-D-Linie-wirklich
Viele Fahrgäste genießen es, dass sie weiter oberirdisch in dichtem Takt mit der 10 und der 17 in die Innestadt fahren können! Freilich gibt es auch Fahrgäste, die am Hauptbahnhof nur umsteigen wollen und denen die unterirdische Führung der 10 gelegen käme. Durch Projekt Zehn Siebzehn wird allerdings mit dem neuen Endpunkt Hauptbahnhof/Raschplatz auch der Umstieg zur U-Bahn-Station deutlich verkürzt!
Wenn schon aus der zeitung zitiert wird, dann bitte auch die weiteren kritischen Stellen. Es heißt dort nämlich auch:
„Ein weiterer Kritikpunkt an der aktuellen Planung ist die Staugefahr auf der Kurt-Schumacher-Straße. Da die Züge dort auch künftig kein richtiges Gleisbett haben, sondern sich die Straße mit Autos teilen, sorgt sich Üstra-Chef André Neiß um die Verkehrssicherheit. „Schon jetzt ist die Kurt-Schumacher-Straße ein Unfallschwerpunkt“, sagt er. Ein eigener Gleiskörper für die Bahnen erhöhe den Verkehrsfluss.“
Den gibt es beim „Projekt 10/17“ aber nicht, und deswegen wird es ein Va-banque-Spiel, ob das alles so klappt, wie es manche sich noch schönreden.
Ein gut geschriebener Text – ein Hinweis auf die damals von den Planern vorgeschlagene D-Linie in einer vierten Tunnelröhre wäre angebracht! Die jetzt beabsichtigte Lösung ist nur bedingt zukunftsfähig.
Wenn man zurückblickt auf das, was „damals“ in den 60er und 70er Jahren so alles als „angebracht“ beurteilt wurde, dann kann man nur froh sein, dass vieles von dem was „damals“ geplant war, nicht gekommen ist. Und da zähle ich die D-Tunnel-Röhre (geplant 1966) ausdrücklich dazu, denn die steht in direktem Zusammenhang mit dem, was „damals“ als angebracht beurteilt wurde:
Zum Beispiel zwei U-Bahn-Stationen mit unterirdischem Zugang zum Ihmezentrum, eine beim Schwarzen Bären und eine beim Küchengarten.
Mehrere Großkomplexe, die das Ihmezentrum noch tief in den Schatten gestellt hätten. Zum Beispiel am Steintor, wo sich heute Hinz und Kunz drüber echauffiert, dass dort zwei Wohn- und Geschäftshäuser entstehen sollen, die höhenmäßig angepasst sind an die in der Innenstadt übliche Bebauungshöhe. Und lediglich den Vorkriegs-Bebauungsgrad am Steintor wiederherstellen. Das halte ich für heute für angebracht und hat bei weitem nicht die Dimensionen, die „damals“ in den 60ern und 70ern mal beabsichtigt war.
Schau dir mal die Ausstellung Echo-Räume in der Architektenkammer an, dann bist du restlos kuriert von den „damals“-Planungen: https://www.aknds.de/3784.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=3575&cHash=450dbf1bf9630e6b95cd996099e654ec
Besonders „putzig“ auf der Zeichnung auf der angegebenen Seite ist die Platzierung der Untergrundbahn-Station.
Bilder aus der Ausstellung findest du aber auch bei der HAZ in dem Artikel: „So hätte das zweite Ihme-Zentrum aussehen sollen“ http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/So-haette-das-zweite-Ihme-Zentrum-aussehen-sollen
Die Ausstellung läuft noch bis 25. August 2016
Der D-Tunnel-Planung ist aus heutiger Sicht jedenfalls völlig unangebracht, es sei denn als Wahlkampfthema für populistische Parteien, die damit die Autofahrer umgarnen wollen.
Das das Titelblatt dieser Broschüre nur eine Ideenskizze und kein realer Schnitt durch ein geplantes Gebäude ist, dürfte aber schon auffallen, nicht wahr? Allein statisch und optisch im Turm links ist das eher ein Witz. Das Ganze ist daher als vergleichendes Argument dürftig.
Wahnsinn! Gar nicht auszudenken, was so ein riesiges Projekt heute kosten würde. Man kann froh sein, dass das bereits in den 70ern und mit so viel Weitblick passiert ist. Heute wäre das aufgrund der Kosten evtl. gar nicht mehr möglich. Ich bin froh und dankbar für dieses supergut ausgebaute Netz und dass wir innerstädtisches fast alle Bahnen unter der Erde haben. Top!
Danke, das ist eine tolle Leistung mit dem Bau. Schön dass das mal in Erinnerung gegeigt wird. Ich bin froh in Hannover zu wohnen wo das U & S-Bahnnetz so gut ist wie in keinener anderen Stadt.
Dass das S-Bahn-Netz so gut in Takt ist, hat sehr viel damit zu tun, dass man in den 90er Jahren nicht noch weitere U-Bahn-Tunnel (D-Tunnel) baute sondern stattdessen in die S-Bahn investierte“! Und dass die oberirdische Stadtbahnlinien so gut durchkommen hat ganz viel mit der Ampelvorrangschaltung für den ÖPNV zu tun. Auch wenn das manche Autofahrer nervt. Letztlich profitieren auch sie davon, weil mit Ampelvorrangschaltung der ÖPNV von mehr Menschen benutzt wird, als ohne.
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Leider wird die neue D-Murkslinie nicht sehr attraktiv werden. Man macht den Rückschritt in bimmelbahnzeiten. Ich mache mir sorgen weil wir hier so eine Gurkenlinie als Ersatz für eine Tunnellinie irgendwann vorgesetzt bekommen werden. Heißt für mich, die unsinnige Bahn welche duch die quietschestrecke fährt sausen lassen da die nächste trotzdem für mich eher da ist und attraktiver verknüpft. Es wird voller! Denn ich muss umsteigen!! Und das will ich weiterhin direkt am Bahnsteig unten am Hauptbahnhof tun und nicht erst vorher nervig in gefühlter Schrittgeschwindigkeit durch die shared-bremse KSS Gondeln. Was der Herr Henry hier komplett vergisst ist, das Attraktivität auch etwas mit Geschwindigkeit und Verbindung zum Restsystem zu tun hat. Durch enge Kurven zu kutschieren und dann abgelegen anzukommen hat damit mal garnichts zu tun. Ich und die meisten Menschen fahren nicht zur Freude umher um sich Landschaften anzusehen oder um Autofahrer zu ärgern oder sonstwas, sondern in erster line deswegen weil sie schnell ankommen wollen und auch direkt umsteigen wollen zu den Stoßzeiten! Auch das gerne genannte alberne Argument der Zuwege lasse ich nicht gelten! Denn zu den oberirdischen Hochbahnsteigen muss man via. Ampelanlage und da darf man oft seeehr laaaange warten, zudem blockieren Bahnen oft selbst den Zuweg weil dann rot ist selbst wenn die Bahn auf der komplett anderen Seite durchfährt man wartet und wartet, in der Zeit ist man in 90% der Fälle mit Aufzug oder sonstwas locker unten. Stillstand nervt immer! Zusätzlich ist der Zuweg zum neuen Murxendbahnhof am Raschplatz mehr als unattraktiv für den Ottonormalnutzer im Restsystem. Was soll ich da? Ich muss zur Station Hbf unten! Was mich angeht, ich werde diese Strecke ab Steintor nicht nutzen. Und sonst weiterhin durch den A-Tunnel fahren.