Der 27. März war ein schwarzer Tag für uns. Zwei Unfälle, beide auf einer Linie und keine 10 km voneinander entfernt. Und trauriger Weise vermutlich auch derselbe Grund, warum es passierte: Fehlende Aufmerksamkeit beim Überqueren der Gleise.
Unfälle sind nicht schön. Für keinen der Beteiligten. Wenn ich mit den Kollegen aus dem Fahrdienst spreche bekomme ich den Eindruck, dass zum Beruf Stadtbahnfahrer/in auch eine Ausbildung als Schutzengel gehört. Mindestens einem Menschen retten die Kollegen durch ihre Weitsicht während eines Dienstes das Leben. Kaum zu glauben. Immer wieder biegen Autofahrer einfach links ab, ohne zu blinken oder einen Blick über die Schulter zu werfen. Fußgänger laufen über die Gleise ohne nach rechts und links zu schauen. Im schlimmsten Fall noch mit Handy in der Hand und/ oder Kopfhörern auf den Ohren.
Als ich in der Fahrschule war und wir jeden Tag mehrere Stunden durch die Stadt gefahren sind, konnte ich es kaum glauben. Die Menschen stehen an der Straße und schauen vorschriftsmäßig nach links und rechts ob ein Auto kommt. Stehen sie aber an den Gleisen, ist das alles vergessen. Und ich spreche nur von den Übergängen, an denen das Überqueren der Schienen erlaubt ist. Wie oft springen Menschen über Sperrgitter oder rennen ohne richtig zu Schauen los, nur um diese eine Bahn noch zu bekommen? Da wird die eigene Gesundheit aufs Spiel gesetzt, nur um keine zehn Minuten (und das ist unter der Woche das Maximum) warten zu müssen.
Menschen, die auf ihr Handy starren. Im Internet nennt man sie bereits „Smombies“ – eine Wortschöpfung aus Smartphone und Zombie. Läuft einer von ihnen einfach über die Gleise, reagieren die Kollegen aus dem Fahrdienst sofort: Notbremsung! Manchmal reicht der Bremsweg dann aber doch nicht. Was dann kommt, wünsche ich keinem. Mit dem Drücken des Notknopfes gehen in der Betriebsleitstelle buchstäblich alle Alarmglocken an. Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen werden vom Fahrdienstleiter alarmiert, ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Zusätzlich fahren alle verfügbaren Funkwagen und der Bergungswagen zum Ort des Geschehens. Der Fahrer oder die Fahrerin wird von einem der Funkwagenkollegen, nach Absprache mit den Einsatzkräften, weggebracht. Ihm oder ihr wird psychologische Betreuung angeboten, um das Erlebte irgendwie verarbeiten zu können. Der andere Funkwagenfahrer bleibt vor Ort und ist für die Einsatzkräfte der Ansprechpartner.
Eine Frage bleibt: Warum?
So konzentriert die Kollegen solche Vorfälle auch abarbeiten, Routine kann und wird es dabei nie geben. Und es bleibt immer die eine Frage in den Köpfen: Warum? Unfälle passieren nicht, sie werden verursacht – zum Beispiel durch Unaufmerksamkeit. Dabei finden wir Handys und Kopfhörer gar nicht schlimm. In unseren Bussen und Bahnen könnt ihr gern die ganze Zeit tippen, daddeln, whatsappen, denn ihr müsst ja nicht selbst fahren. Nur auf dem Bahnsteig und an den Übergängen möchten wir um etwas mehr Vorsicht und Aufmerksamkeit bitten. Denn da haben wir alle etwas davon.
PS. Als ich zur üstra kam, wurde mir direkt eine Weisheit mit auf den Weg gegeben: „Üstraner rennen nicht. Weder einer Frau/ einem Mann, noch einem Fahrzeug hinterher. Die/ der / das nächste kommt ja gleich.“ Vielleicht sollten wir das alle etwas mehr beherzigen.
Nunja, das ist die eine Seite. Die andere, selbst erlebte: Der „aktive Fußgängerschutz“ verhindert zum Beispiel, innerhalb von vier Minuten (!) an der Fenskestraße von der Linie 6 aus Rtg. Nordhafen in den Bus der Linie 121 Richtung Altenbekener Damm zu wechseln. Folge: 10 Minuten Wartezeit. Auf diese Weise habe ich an einem einzigen Tag eineinhalb Stunden Wartezeiten an Ampeln gesammelt. Weil ganz am Anfang ganz genau eine einzige Minute fehlte. Insofern wundert es mich nicht wenn Menschen, ja klar unsinnigerweise, sämtliche Vorsicht fahren lassen um eben doch noch ganz genau diese eine Bahn oder diesen einen Bus zu bekommen.
Hallo Christian,
vielen Dank für deinen Kommentar. Vermutlich hat jeder schon mal so einen von dir geschilderten Moment erlebt – die Ampel ist rot, auf der anderen Seite kommt der Bus und man will bloß keine 10 Minuten auf den nächsten warten. Letztlich sollte man sich dann aber immer wieder vor Augen führen, dass 10 Minuten im Vergleich zu einem ganzen Leben doch recht wenig (und deshalb fast egal) sind. Dann lieber 10 Minuten warten, dabei an etwas Schönes denken und sicher und gesund mit dem nächsten Bus fahren.
Viele Grüße,
Ramona