Kennen Sie das auch? Irgendwann, wenn es draußen um 15 Uhr dunkel ist und sich der Jahreswechsel nähert, schaut man zurück auf das vergangene Jahr – nicht nur wenn man als ÜSTRA Pressesprecher traditionell den Jahresrückblick schreiben darf – und stellt fest: Das war wieder ein Jahr, bei dem jemand vergessen hat, die Schnellspultaste auszuschalten. Und wie immer kommt man bei dem einen oder anderen Ereignis ins Grübeln: Ist das wirklich 2023 passiert? Das muss doch schon früher gewesen sein! Oder?
Das Beste kommt zum Schluss
Was für ein Jahr mal wieder! Der Standard-Jahresrückblick-Satz passt leider auch für 2023. Und lässt einen kuriosen Wunsch entstehen. Wie schön wäre es, einmal im Dezember vor dem Laptop sitzen und schreiben zu können: Was für ein stinknormales, langweiliges Jahr!
Für diesen Rückblick gilt das beliebte Motto: Das Beste kommt zum Schluss. Was den klitzekleinen Nachteil hat, dass dieser Rückblick unschön beginnt. Aber dranbleiben und weiterlesen lohnt sich, denn auch 2023 hatte seine schönen, kuriosen und lustigen Geschichten.
(Fast) alles weg
Eine unschöne Geschichte mit gravierenden Auswirkungen begann in den Morgenstunden des 31. März. Hacker-Angriff, das war bis dahin ein Wort, das auch in der Region Hannover bekannt war. Madsack, die Conti, enercity – sie alle waren Opfer von Cyberkriminellen, bevor es auch die ÜSTRA traf mit einer Wucht, die man sich erst vorstellen kann, wenn man plötzlich davon betroffen und nichts mehr wie vorher ist: Mails weg, Daten weg, Dokumente weg. 300 Server müssen neu aufgebaut werden, unzählige Hintergrundsysteme funktionieren nicht mehr, Dienstpläne müssen wieder per Hand auf Millimeterpapier geschrieben werden und, und, und – für die IT war und ist das ein Albtraum. Mittlerweile ist vieles wieder hergestellt oder gerettet worden, und nicht nur deshalb haben die Kolleginnen und Kollegen der IT den größten Respekt verdient. Was in all dem Hackertrubel fast ein bisschen untergegangen ist: Die Ausbreitung auf einen erheblichen Teil der Systeme konnte am 31. März verhindert werden. Der gesamte Betriebsbereich konnte geschützt werden, Busse und Stadtbahnen der ÜSTRA fuhren die gesamte Zeit ohne größere Beeinträchtigungen für die Fahrgäste.
„Papier ist das neue Gold“
In den ersten Wochen nach dem Hackerangriff besonders gefragt waren Menschen, die im digitalen Zeitalter das eine oder andere wichtige Dokumente ausgedruckt hatten. Wer in einer Teams-Sitzung lässig den Satz einstreuen konnte, dass er ein paar Seiten ausgedruckt und in einem Aktenordner abgeheftet habe, war ein König. „Papier ist das neue Gold.“ Im Ausspruch eines Unternehmensbereichsleiters aus diesen Tagen steckt auch heute noch viel Wahres.
Deutschlandticket wird zum Hit
Erinnern Sie sich noch an das 9-Euro-Ticket, dieses Three-Hit-Wonder, das im vergangenen Jahr viele Menschen neugierig gemacht hat auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und allein im Bereich des Großraum-Verkehr Hannover (GVH) 760 000-mal verkauft wurde? Der Ticket-Hit des Jahres 2023 hat eine 4 vor die 9 bekommen und heißt trotzdem nicht 49-Euro-Ticket, sondern Deutschlandticket. Auch das ist eine Erfolgsgeschichte, und dass die ÜSTRA das D-Ticket trotz des Hackerangriffs mit nur einem Monat Verzögerung für den GVH an den Start bringen konnte, grenzt an ein kleines Wunder. Es wäre nicht richtig zu verschweigen, dass dieses Ticket sich einige wenige Male in der App in Luft auflöste, um wenig später wie von Zauberhand gesteuert wieder aufzutauchen. Dass es daran Kritik gab, ist berechtigt. Dass ganz viele Menschen dafür Verständnis zeigten, ist eine der erfreulichen Geschichten in einer Zeit, in der gerne und viel gemeckert wird.
Anstoß für Berlin
Mehr als 70 000 Fahrgäste in der Region sind mit einem Deutschlandticket und seinen attraktiven hannoverschen Varianten unterwegs. Die Zahl der Großkunden ist von 200 auf 1500 geradezu explodiert. Dass von den über den GVH verkauften Deutschlandtickets das in der Region Hannover einzigartige, vergünstigte Deutschlandticket Hannover Job einen Anteil von rund 58 Prozent der D-Tickets ausmacht, ist Teil dieser Erfolgsgeschichte. Und falls in Berlin noch jemand einen kleinen Anstoß braucht, um diese Geschichte dauerhaft fortzusetzen: 13 Prozent der Fahrten mit dem Deutschlandticket wären ohne das Angebot mit einem anderen Verkehrsmittel durchgeführt worden.
Ausgezeichnet, dieser sprinti!
Apropos Erfolg: Kennen Sie sprinti? Nein, das ist nicht der Sohn von Usain Bolt, gehört aber zu einer angesehenen Familie und hat zum Beispiel mit den Bussen von sprintH freundliche Brüder. Sprinti, das ist das On-Demand-Angebot der Region Hannover, seit August betrieben von der ÜSTRA in zwölf Regionskommunen und im wahrsten Sinne des Wortes ein ausgezeichneter Service. Der Gewinn des Deutschen Mobilitätspreises in Berlin macht nicht nur die Fahrerinnen und Fahrer der sprintis stolz.
Großer Bahnhof in Hemmingen
Und da ist natürlich noch die Wilde 13, wie sie Verkehrsdezernent und ÜSTRA Aufsichtsratschef Ulf-Birger Franz in Anspielung auf das Kinderbuch von Michael Ende aus dem Jahr 1962 nannte: Die 13, das ist die neue Linie der ÜSTRA von Fasanenkrug bis nach Hemmingen. Wenn man die Hemminger fragt, dann würden sie vermutlich antworten, dass die Planungen für die Strecke ebenfalls 1962 angefangen haben …
Mein Vorgänger Udo Iwannek hat mir vor zwei Jahren gesagt: „Eine Streckeneröffnung ist das Größte im Leben eines ÜSTRA Pressesprechers.“ Eine Ahnung davon, was er meinte, habe ich am 9. Dezember an der neuen Endhaltestelle in Hemmingen bekommen. Als die Premierenbahn der „13“ einfuhr, standen Tausende am Bahnsteig, schwenkten Fahnen oder hielten Transparente hoch und applaudierten begeistert. Auf der Strecke hatten sich 50 und mehr Hobbyfotografen postiert, um die „Neue“ ins Visier zu nehmen. Viel anders würde es vermutlich nicht aussehen, wenn die 96-Profis im nächsten Jahr nach dem Auswärtssieg in Karlsruhe als Aufsteiger im hannoverschen Bahnhof einfahren. Obwohl es derzeit eher danach aussieht, dass die nächste große Streckeneröffnung schneller kommen wird als die Rückkehr der Roten in die 1. Liga. Aber das ist eine andere Geschichte.
Julius auf großer Fahrt
Zum Abschluss habe ich noch zwei meiner persönlichen ÜSTRA Lieblingsgeschichten 2023. Die eine beginnt mit der Lektüre der HAZ und einem Porträt des großartigen Bert Strebe. Der Redakteur hatte seinen Leserinnen und Lesern den achtjährigen Julius Paul vorgestellt, der ein toller Schwimmer ist mit Totenkopfabzeichen. Am Ende des Textes, als Strebe ihn gefragt hat, ob er denn später auch mal ein erfolgreicher Sportler werden wolle, antwortete Julius: „Ich will ÜSTRA Fahrer werden.“ Mir war klar: Den jungen Mann müssen wir unbedingt einladen. Wenige Wochen später stand Julius mit Mama, Papa, Oma und Opa schüchtern auf dem Betriebshof in Döhren. Er lernte die Stadtbahn-Fahrschule kennen, Lehrfahrmeister Johannes Perner zeigte ihm die drei Stadtbahntypen TW 6000, TW 2000 und TW 3000 – und überraschte ihn auf der Familie-Paul-Sonderfahrt Richtung Dragonerstraße nach einem Stopp mit der Nachricht: „Und jetzt fährst Du.“ Bevor irgendwer Schweißperlen bekommt und glaubt, dass die ÜSTRA es jetzt mit dem Recruiting doch etwas übertreibt: Zugsicherung und der Lehrfahrmeister sorgen dafür, dass alles sicher verläuft. Als Julius den Sollwertgeber nach vorne schob, hörte man von Vater Paul hinten im Wagen ein „Wahnsinn“. Julius selbst bekam nach der Fahrt, gefragt nach seinem Gefühl, nicht mehr als ein „toll“ heraus. Bevor es wieder nach Hause ging, hatte er aber doch noch eine Frage: „Ab welchem Alter darf ich Stadtbahn fahren?“
Der nette Herr Plesse
Die Abschlussgeschichte spielt in der Linie 5 von Anderten nach Stöcken. Kurz nach meinem Einsteigen machte der Fahrer der Stadtbahn, Jörg Plesse, das Mikrofon an und sagte über Lautsprecher: „Ich begrüße meinen Kollegen Heiko Rehberg und wünsche ihm einen guten Tag.“ Ich muss vielleicht erklären, dass der Fahrer und ich früher zusammen Fußball gespielt haben beim SC Wedemark. Wir hatten uns viele Jahre nicht gesehen, und er muss mich erkannt haben. Als ich lächelte, schaute mich die ältere Dame auf dem Sitz gegenüber an und sagte: „Der Fahrer hat Sie gemeint, oder?“
Moin und Hallo!
Danke für den guten Jahresrückblick! Ich habe aber die Nennung der neuen Hochbahnsteige, die zusätzlich zu den Hochbahnsteigen der Linie 13 fertig wurden, vermisst. Welche Hochbahnsteige waren das?
Vielen Dank im Voraus für die Antwort!
Ich wünsche allen, die das hier lesen, ein gutes Jahr 2024!
Stefan Fastenau.
Hallo Stefan,
im Dezember sind drei Hochbahnsteige fertiggestellt und eröffnet worden. An folgenden Haltestellen kann man nun barrierefrei ein- und aussteigen: Glocksee, Safariweg, Wiesenau. Im Frühjahr folgt dann beispielsweise die Haltestelle „Freizeitheim Linden“ (ehemals Ungerstraße).
Viele Grüße
Mandy