Der Konzertexpress
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Der Konzertexpress

Es ist ein lauer Sommerabend, die Sonne verschwindet gerade hinter der Skyline an der EXPO-Plaza. Auf dem Messegelände in Hannover gibt der amerikanische Rapper Eminem sein einziges Deutschlandkonzert, aber im Leitstand der ÜSTRA am Endpunkt Messe/Ost ist davon noch nichts zu merken. Hier arbeitet Ralf Bär, Leiter Fahrgruppen, seit den späten Nachmittagsstunden. Seine Aufgabe für heute Abend: Er ist der Koordinator für die Verstärkungszüge am Endpunkt Messe/Ost, die nach dem Konzert die Konzertbesucher von dieser Haltestelle aus nach Hause bringen.

Jedes Jahr finden in der niedersächsischen Landeshauptstadt zahlreiche Großveranstaltungen statt. Egal ob das NDR Plaza Festival, Großkonzerte oder Sportereignisse wie die Bundesligaspiele von Hannover 96 – die ÜSTRA ist immer mit von der Partie. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, laufen die Planungen immer lange im Voraus. Bereits Anfang des Jahres werden die anstehenden großen Veranstaltungen in Hannover besprochen.

Ralf Bär, Leiter Fahrgruppen, hat im Messeleitstand Messe/Ost alles im Blick. (Foto: Martin Bargiel)

Bei der ÜSTRA gibt es dafür einen konkreten Ansprechpartner im Bereich Betriebsvorbereitung: Er bespricht kommende Großereignisse – egal ob Konzert oder die Planungen von umfassenden Baumaßnahmen – intern mit dem Fahrplanbüro und extern mit den relevanten Ansprechpartnern aufseiten der Veranstalter und/oder der Stadt. Allen Beteiligten ist daran gelegen, dass die Besucher möglichst komfortabel an- und abreisen. Die Anreise mit Bus und Bahn hat bei Großveranstaltungen einige Vorzüge: Viele Menschen können die Busse und Bahnen nutzen, es müssen keine großen Parkplätze organisiert werden und nach dem Konzert kommt es nicht zu kilometerlangen Staus.

Logistische Meisterleistung: Konzertabfahrten

Während Eminem die letzten Songs rappt, klingelt bei Ralf Bär pausenlos das Telefon. Die sieben geplanten Verstärkungszüge, sogenannte E-Wagen, treffen am Endpunkt ein. Per Handy melden sich die Fahrerinnen und Fahrer bei Bär, der sie in die Wendeschleife schickt. „Hier warten die Kollegen jetzt bis ich ihnen das Zeichen gebe, dass es losgeht“, erklärt der Leiter Fahrgruppen. Parallel hält er Kontakt zum Leitstand am Endpunkt Messe/Nord. Um den Kontakt zu den Kollegen in der Schleife zu halten, telefoniert Bär regelmäßig mit einem Fahrer, den er als Koordinator vorgesehen hat. Dieser wird im Anschluss – nach Anweisung von Bär – seine Kollegen losschicken. „Wenn sich das Konzert dem Ende neigt, wird das hier ganz schnell voll. Dann müssen wir routiniert die Wagen nacheinander vorziehen“, betont der ÜSTRAner, während er noch einmal die Kameraeinstellung in Richtung Messegelände checkt.

ÜSTRA und protec – ein erfahrenes Veranstaltungsteam

Die Kollegen der protec Service GmbH sorgen für Sicherheit vor Ort und haben sich vorher mit Ralf Bär abgesprochen. Gemeinsam wurde entschieden, dass die Menschenmassen erst einmal auf dem Vorplatz der Haltestelle warten und nur in kleineren Gruppen auf den Bahnsteig gelassen werden. Bär erklärt, warum: „Es ist wichtig, dass der Bahnsteig nicht zu voll ist. Nur so können die Fahrgäste sicher und zügig in die Bahnen steigen.“ Die Sicherheitsfrauen und -männer der protec stehen also bereits vor der Haltestelle und dienen als „Wellenbrecher“.

Erst wenn alle Konzertbesucher auf dem Heimweg sind, kann Ralf Bär Feierabend machen. (Foto: Martin Bargiel)

Konzertende – los geht’s

Das Telefon klingelt. Der ÜSTRA Kontaktmann, der direkt beim Konzertveranstalter sitzt, gibt das Ende der Show bekannt. Jetzt bleibt keine Zeit zum Nachdenken, jeder Handgriff sitzt. Bär beobachtet konzentriert die Bildschirme der Überwachungskameras und sieht so den Menschenstrom auf dem Weg zur Haltestelle. Dort steht schon eine Linie 6, also eine regulär im Fahrplan aufgeführte Bahn, und wartet auf die Rap-Fans.

Doch selbst bei der besten Planung muss die ÜSTRA beim Veranstaltungsverkehr flexibel bleiben. Zum Beispiel spielt manchmal das Wetter nicht mit. Wie beim Konzert von Guns N’ Roses im Juni 2017, als ein Sommergewitter über Hannover tobte. Das Konzert wurde unterbrochen, die 75.000 Konzertbesucher suchten Schutz in drei Messehallen. Die Betriebsleitstelle der ÜSTRA meldete umgestürzte Bäume in den Oberleitungen. Der Betrieb wurde kurzzeitig eingestellt. Aber mit über 125 Jahren Erfahrung in Sachen Nahverkehr wissen die Fachleute der ÜSTRA, was zu tun ist: Tausendmal erprobte Krisenpläne greifen, Fahrerinnen und Fahrer machen Überstunden, Busse fahren Ersatzverkehr, die Störungstrupps rücken aus, um die Strecken wieder frei zu bekommen. Als Guns N’ Roses ihr Konzert gegen 1 Uhr beenden, stehen die E-Wagen bereit und bringen die Rock-Fans nach Hause.

Feierabend

Zurück zu Eminem. Auf dem Bahnsteig an der Messe/Ost sind die ersten drei Bahnen schon in Richtung City abgefahren. Auch beim nächsten E-Wagen ertönt Bärs Stimme aus den Lautsprechern: „Es fährt ein: ein Verstärkungswagen Richtung Königsworther Platz. Bitte steigen Sie über die gesamte Länge des Wagens zu.“ Wenige Minuten später ist der TW 3000 voll, die Kolleginnen und Kollegen der protec schließen die Türen und die Bahn setzt sich – auf Anweisung von Ralf Bär – in Bewegung. 21.000 Fans des US-Rappers kommen so heute von den beiden Endpunkten am Messegelände wieder nach Hause. Und Ralf Bär kann zwei Stunden nach Konzertende den Leitstand abschließen
und Feierabend machen.

Dieser Text erschien in der aktuellen Ausgabe des ÜSTRA Profil.

5 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Fahren die sieben E-Züge zu sieben verschiedenen Endstellen im Üstra-Netz und tragen auch die Liniennummer ?

    • Die E-Wagen fahren von Messe/Ost entweder zum Königsworther Platz oder direkt zum Betriebshof Leinhausen. Dort können die Wagen drehen und wieder zurück kommen. Ein Umstieg zu den anderen Endpunkten ist dann in der Innenstadt möglich.

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