Die Erlebnislinie 100/200: Grüner geht’s nicht
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Die Erlebnislinie 100/200: Grüner geht’s nicht

Es war einer der warmen Sommertage des Jahres. Wir wollten hinaus ins Grüne, etwas erleben. Und wir hatten große Lust auf Eis. Der Eisladen unseres Vertrauens liegt in Linden Mitte. Und so fuhren mein achtjähriger Sohn und ich direkt nach Schulschluss ab dem Lister Platz mit der Erlebnislinie 100 in Richtung Norden. Das tuen wir öfter: Einfach einsteigen und losfahren, ganz nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“. Nicht zuletzt, weil mein Junior es über alles liebt, mit den Öffis unterwegs zu sein. „Bus“ war sein erstes Wort, noch vor Mama und Papa.

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Der Elektrobus wird auf der Erlebnislinie 100/200 eingesetzt. (Foto/Video: Martin Bargiel)

Erlebnislinie 100/200: Der Weg ist das Ziel.

Eigentlich war an diesem frühen Nachmittag alles wie immer. Eigentlich. Nur der Bus war so leise, den hörte man kaum. Das Anfahren und Beschleunigen war sanft wie Butter, die Atmosphäre geschmeidig. Und dann erst nahm ich wahr, dass wir einen der drei neuen Elektrobusse erwischt hatten, die seit Mai auf der Ringlinie durch die Stadt rollen. Mein Sohn starrte gebannt auf die Monitore im Inneren, die Batteriezustand und Stromverteilung anzeigten. Ich glotzte entspannt nach draußen und genoss den sanften Fahrzeug-Flow. Wir passierten den Moltkeplatz, schaukelten über den E-Damm vorbei an jungen Menschen, die in der Sonne Latte Macchiato schlürften. Am Königsworther Platz überkam mich ein erster Impuls auszusteigen, um durch die herrliche Natur der Königlichen Gärten zu flanieren. Genau in diesem Moment begann aber mein Pöks ein Gespräch mit dem freundlichen Busfahrer, also verwarf ich die Idee. Am Küchengarten fachsimpelten die zwei Busprofis zwar immer noch, doch das versprochene Eis lockte nach draußen. Wir schlenderten die Stephanusstraße hinauf bis zur Eismanufaktur und mit einer geballten Ladung Süßes in der Hand an Feinkost-Geschäften, Boutiquen, Blumen- und Kinderbekleidungsläden vorbei weiter bis zum Von-Alten-Garten. Dort nahm ich einen tiefen Lungenzug Sommer, während mein Kind Mittvierzigern beim Boule-Spiel zusah.

Im Batteriebus die inneren Akkus aufladen.

An der Haltestelle Nieschlagstraße sollte es schließlich weitergehen. Dort vertrieben wir uns die Zeit an vier riesigen Lauschschalen, denn es dauerte eine Weile bis der nächste Bus kam, der uns zum Lindener Berg brachte. Vom höchsten Punkt Hannovers genossen wir den perfekten Panoramablick. Hinter dem Berg-Biergarten führt links ein Weg durch die Sportanlagen des Vereins Linden 1907 hinunter zum ehemaligen Volkspark am Sporlederweg. Und obgleich ich Ur-Hannoveranerin bin: Das von Kastanien umsäumte Denkmal nahm ich zum ersten Mal wahr. Es erinnert an den ersten modernen Unternehmer aus dem Raum Hannover: Johann Egestorff. Mein Sohn beanspruchte nach ein paar Minuten lauthals seinen Teil der Erlebnisrunde, der sich – mit Ausnahme des Eisessens – auf das Busfahren beschränkte. Also stiegen wir am Sporlederweg wieder ein. Um nicht auf den Elektrobus warten zu müssen, ging die Tour nun in einem „gewöhnlichen“ Hybridfahrzeug weiter. Ich bestaunte die aufregende Architektur der Gebäude auf dem ehemaligen Hanomag-Gelände, nahm ¬– ebenfalls erstmalig – den Turm auf dem Deisterplatz bewusst wahr und googelte parallel, dass es sich um einen alten Luftschutzbunker handelt.

MAN Hybridbus auf der Linie 200

Egal ob ganz oder nur teilweise elektrisch: Die Busse der Linie 100/200 tragen einen großen Anteil an unserer Ökobilanz. (Foto: Florian Arp)

Klimaschutz auf Rädern.

Der August-Holweg-Platz ist zugleich Start- und Zielpunkt der Linien 100 und 200.
Unser Bus fuhr nach einer kurzen Pause als den gleichen Weg in umgekehrter Reihenfolge zurück. Fahrgäste, die sich wie wir eine komplette 16 Kilometer lange Erlebnisrunde mit insgesamt 42 Haltepunkten zum Ziel gesetzt hatten, müssen in einen 200er umsteigen. Ohne Zwischenstopps dauert die Tour übrigens rund 53 Minuten.
Am August-Holweg-Platz steht auch der Lademast für die Elektrobusse. Über den Stromabnehmer auf dem Dach, den sogenannten Pantograph, werden sie mit CO2-freiem Strom aus dem Netz der Stadtbahnen versorgt. Keine fünf Minuten vergehen, dann ist der Akku wieder voll und reicht für eine Runde. Emissionsfreier Nahverkehr, das ist die Zukunft!

Natürlich warteten wir dort wieder auf den E-Bus, der uns wenig später mit vollen Akkus fast lautlos in Richtung Maschsee chauffierte, an Sprengel- und Landesmuseum vorbei, Maschpark und Rathaus passierend. Ich beobachtete all die Flaneure und freute mich an der Fassade der Nord-LB, die in der Spätnachmittagssonne glänzte. Wir fuhren am Opernplatz und sämtlichen nahegelegenen, kulturellen Hot Spots entlang, die prächtige Königstraße hinauf, und auf den Emmichplatz zu. Dort nutzten wir noch einmal die Gelegenheit auszusteigen, um das letzte Stück bis zum Lister Platz zurück durch den Wald zu spazieren.

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Erholung pur: Ein Spazierganz durch die Eilenriede. (Foto: Martin Bargiel)

Sightseeing zum Normaltarif per Ökobus, das war wirklich eine runde Sache. Gerade jetzt, wo der Sommer noch nicht ganz verschwunden ist, bietet sich die Hop-on, Hop-off-Tour einmal mehr an, denn entlang der emissionsfreien Erlebnislinie gibt es Hannovers schönste Seiten zu entdecken. Unsere E-Bilanz: emissionsfrei, erlebnisreich, entspannt.

Am Lister Platz erwarten uns Greenpeace-Aktivisten und ködern uns mit der Frage: „Was tun Sie für die Umwelt?“ Ich muss nicht lange überlegen: „Busfahren“, sage ich und grinse.

PS. An welchen Sehenswürdigkeiten von Hannover die Erlebnislinie 100/200 noch so vorbeifährt, finden Sie hier.

5 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Naja, der Brüller sind diese beiden Linien aber auch nicht. Häufig muss ich den Fahrgästen erklären, wie die Linien 100 und 200 funktionieren. Es ist schwierig, auf kurzem Wege vom Stadionbad zum Lindener Marktplatz zu kommen. Man kann dann ja von der Linie 100, die in Richtung August-Holweg-Platz fährt, an der Stadionbrücke in die Linie 100 Richtung August-Holweg-Platz umsteigen, da man ja vom Stadionbad nicht ohne Umstieg über Stadionbrücke zum Lindener Marktplatz fahren kann. Die Linien 100 und 200 sind deshalb ja auch keine Ringlinien. Der netten Dame musste ich dann an der Stadionbrücke zeigen, wo die Linie 100 Richtung August-Holweg-Platz über Lindener Marktplatz fährt, da es ja zwei unterschiedliche Haltepositionen an der Stadionbrücke gibt, wo die Linie 100 zum August-Holweg-Platz fährt, was ja übrigens auch für die Linie 200 gilt. Vielleicht hat hier ja jemand eine gute Lösung für das Problem.

    • @Jan H.: Da sagst du was Wahres. Wenn ich in Linden aus der S-Bahn steige und zum Bus stiefel, muss ich auch immer erst mal nachdenken, in welchen Bus ich nun klettern muss, wenn ich zum Königsworther Platz will (die hUUndert fährt im UUhrzeigersinn, die zwEEhundert dagEEgen… oder wars umgekehrt? Oder fährt die zwOOhundert OOstwärts und die EEnhundert wEEstwärts…?)
      Auf der anderen Seite braucht die Linie natürlich irgendwo eine Endstation, dass die Fahrer sich mal die Beine vertreten, nen Schluck trinken, nen Happen essen oder eine rauchen können, von den gesetzlichen Lenk- und Pausenzeiten ganz zu schweigen. Irgendwo muss man die Linie also unterbrechen, da ists egal, ob das am Bahnhof Linden, an der Glocksee oder am ZOB ist, irgendeine Strecke wird dadurch immer unterbrochen.
      Dafür ist der Bahnhof in Linden übrigens m.E. gar nicht mal die schlechteste Wahl, weil man sonst nirgendwo von der 100/200 zur S-Bahn umsteigen kann.

  2. Hallo Ela,
    du schreibst, „Emissionsfreier Nahverkehr, das ist die Zukunft!“ Da möchte ich ergänzen: Emissionsfreier Nahverkehr gibt es auch mit Omnibussen schon sehr lange in vielen Städten, und auch in Hannover gab es das bereits in den 30er Jahren bis Ende der 50er-Jahre, nämlich in Form von Oberleitungsbussen.

    Ist die 100/200er Linie nicht geradezu prädestiniert dafür zum bewährten emmissionsfreien O-Bus-Betrieb zurückzukehren? Immerhin blockiert das Batteriepack die gesamte Rückbank im neuen Solaris Batterie-Elektrobus. Da gehen glatt drei Sitzplätze verloren. Und m. E. ist die umweltgerechte Entsorgung der Batterien, die ja irgendwann mal anstehen wird, noch nicht befriedigend geklärt.

  3. Pingback: Stress in the City – Die Buslinie 100/200 | Fahrtenbuch

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