Hand aufs Herz: Wer von uns hat sich nicht schon mal in der Station Kröpcke verlaufen? Ehrlich gesagt, mir ist das regelmäßig passiert bevor ich bei der ÜSTRA angefangen habe: Falschen Ausgang gewählt und wieder kam ich auf der verkehrten Seite oben an. Möglicherweise lag es an meinem wenig ausgeprägten Orientierungssinn, vielleicht ist es aber auch ok, in der größten Tunnelstation Hannovers mal falsch abzubiegen. Jedenfalls habe ich mich, während ich dann über den Kröpcke gelatscht bin, oft gefragt: Wie soll sich jemand zurechtfinden, der schlecht sehen kann oder nicht so gut zu Fuß ist, um im Zweifel die gesamte Strecke zurück zu laufen? Die ÜSTRA hat darauf eine Antwort: Mit dem Fahrgastbegleitservice.
Marina Kiel hat acht Jahre lang mobilitätseingeschränkte Fahrgäste bei ihrer Fahrt mit Bus und Bahn unterstützt. Sie ist 2006 als eine der ersten Fahrgastbegleiterinnen in das Gemeinschaftsprojekt des Jobcenters und der ÜSTRA gestartet, eine Pionierin quasi. Auch heute ist sie noch Teil des Teams – inzwischen als Betreuerin und Disponentin für die Begleiter, angestellt bei der ÜSTRA.
Unterstützung bei der Fahrt mit Öffis
Nach wie vor hält Marina den Begleitservice für eine gute Sache, von der alle Seiten profitieren. Einerseits wird Menschen geholfen, die sich ohne Unterstützung auf der Fahrt mit den „Öffis“ nicht zurechtfinden oder unsicher sind. Am stärksten wird die Fahrgastbegleitung von sehbehinderten Menschen in Anspruch genommen. Rollator- und Rollstuhlfahrer werden ebenfalls häufig begleitet. „Manchmal sind es aber auch einfach ältere Leute, die nur selten Bus und Bahn fahren“, berichtet Marina Kiel. „Die sorgen sich, dass die Fahrzeugtüren zu schnell zugehen, während sie einsteigen, sie keinen Sitzplatz bekommen oder sie nicht zum Arzt finden, weil sich die Umgebung geändert hat. Bei diesen Unsicherheiten und Hemmungen können wir helfen.“
Denn die Fahrgastbegleiter sind auch Wegbegleiter: Sie holen die zu begleitende Person bei Bedarf von der Haustür ab (sofern sich diese im 500 Meter Umkreis um die Haltestelle befindet) und begleiten sie bis zu ihrem Ziel (ebenso im 500 Meter Umkreis). „Mal sind es längere Strecken mit Umstiegen, aber genauso begleiten wir auch, wenn es nur um ein paar Stationen geht. Der eine oder andere könnte die Fahrt vielleicht auch noch alleine zurücklegen, aber wir bieten ihm Sicherheit und nehmen die Angst“, sagt Marina Kiel.
Unterstützung auf dem Weg ins Arbeitsleben
Andererseits profitieren auch die Fahrgastbegleiter von diesem Projekt. Es handelt sich beim Begleitservice nämlich um eine Maßnahme des Jobcenters Region Hannover. Über den Service nehmen die Fahrgastbegleiter wieder am Arbeitsleben teil. Ihre Tätigkeit soll auch eine Brücke zurück ins Erwerbsleben sein. Für ihr Engagement erhalten sie eine zusätzliche Aufwandsentschädigung.
Gestartet ist das Projekt „Fahrgastbegleitservice“ als Maßnahme für über 50-Jährige, die es um 2006 herum besonders schwer hatten, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen. „Wir wollten sie mit dieser Maßnahme nach längerer Arbeitslosigkeit wieder ins Arbeitsleben zurückholen – wobei einige bis zur Rente geblieben sind“, erklärt Andreas Arnhold, der die Kooperation auf Seiten des Jobcenters mit ins Leben gerufen hat. Mittlerweile ist die Altersgrenze wegen der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt aufgeweicht. Evelin Wons-Kaminsky, die den Fahrgastbegleitservice auf Seite der ÜSTRA leitet und die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter koordiniert, nimmt seit einigen Jahren auch jüngere Menschen in ihrem Team auf: „Die jüngeren Leute finden oft schneller eine Arbeitsstelle, sodass wir dadurch mehr Fluktuation und häufigere Einarbeitungszyklen haben, aber das läuft sowohl intern als auch in der Abstimmung mit dem Jobcenter sehr routiniert.“
Die Bilanz der Maßnahme bestätigt das und kann sich sehen lassen: In den 15 Jahren, die der Fahrgastbegleitservice nun schon unterwegs ist, haben Andreas Arnhold und seine Kollegen mehr als 1.100 Personen an das Team von Evelin Wons-Kaminsky vermittelt. Einige waren länger da, andere nur kurz, viele sind tatsächlich in die Rente begleitet worden und noch mehr haben mit der Übergangszeit als Fahrgastbegleiter wieder ins Berufsleben gefunden. „In jedem Fall bringt Beschäftigung den Menschen immer etwas. Hier helfen sie dabei auch noch Anderen, die Aufgabe wirkt fast ehrenamtlich und das bei einem großen und angesehenen Arbeitgeber“, beschreibt Andreas Arnhold den Gedanken hinter der Maßnahme.
Marina Kiel gehört zu denjenigen, die den Sprung in die Arbeitswelt geschafft haben und konnte dabei trotzdem dem Fahrgastbegleitservice verbunden bleiben: „Jetzt habe ich die Leute, die ich früher oft begleitet habe, regelmäßig am Telefon, wenn sie ihre Fahrten anmelden. Das sind ja zumeist wiederkehrende Kunden, mit denen man bei den Begleitungen auch oft ins Gespräch kommt. Von daher ist das einfach eine schöne Arbeit mit den netten und dankbaren Fahrgästen.“
Unterstützung bei regiobus
Seit April vermitteln Marina Kiel und ihre Kollegen in der Disposition auch Begleitungen für regiobus Fahrten. In einem zweijährigen Pilotprojekt wird der Fahrgastbegleitservice nun zusätzlich innerhalb des Stadtgebiets von Hannover und Garbsen auf regiobus Linien angeboten. Dazu fördert das Jobcenter der Region Hannover zehn weitere Fahrgastbegleiter-Stellen. „Im ÜSTRA Gebiet haben wir bisher rund 50 Fahrgastbegleiter, die monatlich bis zu 1.000 Begleitaufträge erfüllt haben“, fasst Evelin Wons-Kaminsky zusammen. „Während der Corona-Kontaktbeschränkungen haben wir immer noch mehr als 200 Termine im Monat, die wir aktuell mit 30 Begleitern abarbeiten.“
Für die zu begleitenden Personen ergibt sich dadurch eine bessere Erreichbarkeit ihrer individuellen Ziele, das Jobcenter kann nun auch Personen aus dem Umland für die Maßnahme gewinnen und ÜSTRA und regiobus bieten noch mehr Barrierefreiheit bzw. Hilfestellungen für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste – eine Win-Win-Win-Situation!
Aktuelles zum Fahrgastbegleitservice und zur Buchung: www.uestra.de/kundenservice/barrierefreie-uestra/serviceangebote/
Guten Tag,
ich gehöre zu dem Personenkreis, Menschen mit Behinderung,also quasi zu dem Kreis, wo für der Begleitservice da ist. Ich weis nicht woran es liegt, aber ich bin seit ca. 3 Jahren keine Straßenbahn mehr gefahren, weil ich dann auf grund der Geschwindigkeit Panikatacken bekomme, wenn nur mit starken Medikamenten,ich weiß aus eigener Erfahrung, bei der Üstra, das die Bahn, als auch der Bus dem Zeit bzw. Fahrplan unterliegen, aber ich habe das Gefühl, das Busse und Bahnen Heutzutage schneller fahren, als früher, um den Fahrplan einzuhalten, ich würde mir daher ehr ein mäßiges ansteigen der Geschwindigkeit und nicht von 0 auf 60 in 4 Sekunden, wünschen, etwas überspitzt ausgedrückt, ansonsten bin ich mit der Üstra zu Frieden.
Hallo Benjamin,
vielleicht kann der Fahrgastbegleitservice ja eine Chance sein, damit Sie sich wieder wohler führen in der Bahn. Unsere Fahrpläne sind zumindest nicht „enger“ geworden, sodass wir die gefühlte stärkere Beschleunigung so nicht bestätigen können. Die Kolleginnen und Kollegen vom Fahrgastbegleitservice unterstützen ja unterwegs – manchmal reicht es ja auch schon, dass man einen anständigen Sitzplatz hat, damit man sich wohler fühlt.