Niemand wartet gerne. Wenn wir an die Haltestelle kommen, sollten Bus oder Bahn am besten direkt einfahren, damit es losgehen kann. Die Bürgerinnen und Bürger Hemmingen können ein Lied singen vom Warten: Über 30 Jahre haben sie auf die Stadtbahn gewartet. Am 9. Dezember kam sie endlich – mit Pauken und Trompeten sowie jeder Menge Applaus wurde die neueste Strecke im Stadtbahnnetz eröffnet.
Natürlich hat niemand 30 Jahre lang in Hemmingen an der Haltestelle gestanden und auf die Stadtbahn gewartet. Aber die erste Überlegungen für die 3,3 km lange, gerade eröffnete Strecke sind schon so alt. Wir wollen euch hier die Hintergründe erklären: Warum hat das so lange gedauert? – Nein, es hat niemand auf den Plänen geschlafen. Es mussten zuerst bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, bevor die Bauarbeiten überhaupt beginnen konnten. Wer ist alles an so einer Stadtbahnverlängerung beteiligt? Was passiert mit den Buslinien entlang der neuen Strecke? Und wie war die Eröffnungsparty?
Die Planungen
Eine Streckenverlängerung im Stadtbahnnetz gibt es nicht jedes Jahr. Die letzten waren 2017 bis zum Hauptbahnhof/ZOB, 2014 nach Misburg und zuvor 2006 nach Altwarmbüchen. Jetzt wird Hemmingen als sechste Umlandkommune an das hannoversche Stadtbahnnetz angeschlossen. Die Idee für diese Strecke steht schon seit Anfang der 1990er-Jahre im Raum, sogar eine erste Machbarkeitsstudie wurde bereits vor 30 Jahren durchgeführt.
Warum wird die Strecke aber erst jetzt fertig, wenn die Pläne dafür schon so lange in der Schublade liegen? Das hat zwei Gründe: Zum einen kam mit der Zusage für die EXPO 2000 ein kurzfristiges und dringliches Projekt aufs Tableau – die Strecke zum neuen „EXPO Bahnhof“ („Messe/Ost“), die vor Beginn der Weltausstellung fertiggestellt werden musste. Zum anderen gab es eine bauliche Bedingung: Bevor die Arbeiten auf der Göttinger Landstraße – Hemmingens Hauptverkehrsstraße – beginnen konnten, musste die Ortsumgehung (B3) fertiggestellt werden. Anders wären die Bauarbeiten und die Verkehrslast zeitgleich nicht zu bewältigen gewesen.
Die Akteure
Als gesetzliche Aufgabenträgerin des ÖPNV in Hannover trifft die Region Hannover die grundsätzliche Entscheidung, ob eine Stadtbahnstrecke verlängert werden soll. Auch die jeweilige Kommune – hier Hemmingen – muss entsprechende politische Beschlüsse fassen.
Zuständig für Instandhaltung und Ausbau des Stadtbahnnetzes ist die infra (Infrastrukturgesellschaft Region Hannover GmbH), die Eigentümerin der Schienenanlagen, Haltestellen und Stationen ist. Als Bauherrin hält sie in Hemmingen alle Fäden in der Hand, verantwortet die Planungen, organisiert die Bauabschnitte, die Verkehrsführung und informiert die Anwohnerinnen und Anwohner. Hier in Hemmingen – ebenso wie bei anderen Bauprojekten – hat die infra eine starke Partnerin an ihrer Seite: Die TransTec Bauplanungs- und Managementgesellschaft Hannover. Sie ist bereits bei der Infrastrukturplanung und der damit einhergehenden Neuverteilung des Straßenraums eingebunden. So stammen die ursprünglichen Pläne aus den 1990er-Jahren von ihr. Über die Jahre wurden die Planungen an die aktuellen Anforderungen angepasst. Im Auftrag der infra hat die TransTec die Abwicklung aller erforderlichen Gewerke von besagten Planungen bis zur baulichen Realisierung übernommen. Dabei musste jeder Arbeitsabschnitt mit infra, ÜSTRA, regiobus sowie der Region Hannover und der Stadt Hemmingen abgestimmt werden. Das sind viele Akteure, denn ein Streckenausbau ist ein gemeinsamer Kraftakt.
Die Bauarbeiten
Insgesamt wurde sieben Jahre gebaut. Im Juni 2016 begannen die Leitungsarbeiten. Da keine Versorgungsleitungen unter Gleisen und Halte stellen liegen dürfen, mussten Gas- und Trinkwasserleitungen sowie Regen- und Schmutzwasserkanäle zunächst neu verlegt werden. In Abschnitten von je 250 Metern rückten die Arbeiten die Göttinger Chaussee entlang – die Hälfte der Straße wurde Baufeld, die restliche Fläche stand dem Individualverkehr zur Verfügung. So kam es nie zu vollständigen Straßensperrungen während der Bauarbeiten.
Ab 2019 wurde das Vorhaben greifbarer: Der Gleisbau startete und es folgten die Grundsteine für die fünf Hochbahnsteige sowie die umfangreiche Umsteige- und P+R-Anlage am neuen Endpunkt „Hemmingen“. Außerdem entstanden zwei für den Stadtbahnbetrieb notwendige Gleichrichterwerke.
Die Strecke
Die 3,3 km lange Neubautrasse gehört zur Stadtbahnstrecke A-Süd. Aus der Innenstadt kommend fuhren hier bislang die Linien 3, 7 und 17. Jetzt kommt die Linie 13 hinzu: Sie verkehrt seit dem Fahrplanwechsel zwischen „Fasanenkrug“ und dem neuen Endpunkt „Hemmingen“. Bis zur „Wallensteinstraße“ teilt sie sich die Strecke mit den Linien 3, 7 und 17. Hinter der Haltestelle zweigt sie ab auf die Göttinger Chaussee. Hier beginnt die Neubaustrecke, die mit ihren sechs neuen Haltestellen rund 9.200 Einwohnerinnen und Einwohnern den Zustieg zur Stadtbahn ermöglicht. Und zwar barrierefrei: Alle Haltestellen verfügen über Hochbahnsteige und digitale sowie akustische Fahrgastinformation. Am Endpunkt „Hemmingen“ ist sogar der Umstieg in den Bus barrierefrei: Außen halten die Stadtbahnen, innen auf der gleichen Höhe die Busse, die die Fahrgäste in Hemmingens Ortschaften und bis nach Pattensen bringen.
Die Buslinien
Mit Einzug der Stadtbahn ist auch das Busliniennetz überplant worden. Es sind nicht nur optimale Anbindungen an die Linie 13 geschaffen worden, auch die Takte und Fahrwege wurden verbessert, um ein ganzheitlich attraktives ÖPNV-Angebot für Hemmingen und seine Ortschaften zu schaffen. Alle Infos dazu: gvh.de/hemmingen
Die Eröffnungsfeier
Bereits einen Tag vor dem Fahrplanwechsel wurde die Strecke feierlich eröffnet. Um kurz vor 11 Uhr fuhr der „Festzug“ ein – hinterm Sollwertgeber: Hemmingens Bürgermeister Jan Dingeldey. Die ÜSTRA Vorständinnen Elke van Zadel und Denise Hain schnitten gemeinsam mit ihm, dem Regionspräsidenten, Steffen Krach, dem Verkehrsdezernenten der Region Hannover, Ulf-Birger Franz, sowie dem Geschäftsführer der infra, Christian Weske das Band durch – damit waren neuer Endpunkt und die Neubaustrecke offiziell eröffnet. Tausende Besucherinnen und Besucher testeten sogleich das neue Nahverkehrsangebot: Auf kostenlosen Pendelfahrten ging es bis zum Hauptbahnhof und zurück. Auf der neuen Park+Ride-Anlage am Endpunkt fand eine runde Feier statt. Bei kaltem, aber sonnigem Wetter beglückwünschten die Vertreter aus Politik die Hemmingerinnen und Hemminger zu ihrer neuen Strecke, die infra und die TransTecBau bedankten sich für das Durchhaltevermögen der Bürgerinnen und Bürger während der Baumaßnahmen und Elke van Zadel und Denise Hain freuten sich über das neue Ziel im ÜSTRA Stadtbahnnetz. Auf die Grußworte folgte ein buntes Programm aus Live-Musik, Kinderzirkus und Verlosungen – ein gelungener Tag mit vielen fröhlichen Gesichtern. Aber seht selbst:
Schön dass es nun nach Hemmingen geht, ich war mit der ersten Testfahrt so weit zufrieden. Nicht so glücklich bin ich mit dem „Brechen“ der Linie 9 im Hbf. Während es nun mit drei Linien im Zehnminutentakt zwischen Wallensteinstr. und Noltemeyerbrücke sehr große Kapazitäten gibt, fehlt die direkte Verbindung zwischen Linden und Oststadt. Zudem ist eine im Hbf endende Linie für Fahrgäste, die aus der City weiter nach Osten wollen, immer ein kleines Frusterlebnis. Gerade wenn es Verzögerungen und viele Wartende gibt am Kröpcke/Hbf, fühlt sich eine Bahn, die ihre Fahrgäste komplett ausspuckt statt welche mitzunehmen, nicht hilfreich an. Zudem wächst die Verspätung der Folgebahnen noch. Ich kenne die Überlegungen der Planenden nicht, die zu dieser Entscheidung geführt haben, spontane Alternativen die mir einfallen: Eine Wettberger Linie „oben rum“ in die 17 münden lassen, oder für die 9 eine Kehrmöglichkeit jenseits des Lister Platzes auf der Podbi schaffen….
Verzeihung fürs leicht verfehlte Thema, hängt aber eben zusammen. Herzlichen Glückwusch nochmal an Üstra und Hemmingen zum neuen Linienast!