Die ÜSTRA Mitarbeiterberatung: Professionelle Unterstützung nach Unfällen
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Die ÜSTRA Mitarbeiterberatung: Professionelle Unterstützung nach Unfällen

Obwohl unsere Fahrerinnen und Fahrer mit Voraussicht unterwegs sind, kann es zu Unfällen kommen. Wenn es mal kracht, lässt die ÜSTRA die Betroffenen aus dem Fahrdienst jedoch nicht alleine. Neben der akuten Hilfe sorgt Dagmar Pieper von der ÜSTRA Mitarbeiterberatung für eine langfristige und professionelle Betreuung.

Als ich Dagmar Piepers Büro betrete, schaue ich mich erstmal um. In den Räumlichkeiten der Mitarbeiterberatung hängen einige Kunstwerke an der Wand. Zudem fallen mir die mit Post-Its übersäten Stellwände auf. Ich nehme an dem Beratungstisch platz und spüre eine angenehm gemütliche Atmosphäre, die es für vertrauliche Gespräche braucht. Seit 1994 betreut Frau Pieper in der ÜSTRA Mitarbeiterberatung das Personal in schwierigen privaten und beruflichen Situationen. Solche Phasen können zum Beispiel durch einen Unfall im Fahrdienst hervorgerufen werden. Klar, im besten Fall gibt es gar keine Unfälle, aber Frau Pieper weiß, dass es schnell zu solchen Extremsituationen kommen kann. Damit ich – zumindest ansatzweise – das Gefühl eines Unfalls verstehen kann, beschreibt Dagmar Pieper mir ein konkretes, fiktives Szenario:

„Oft entstehen Unfälle aus unvorhersehbaren Situationen. Es ist zum Beispiel einer dieser dunklen Wintertage und ein Fahrer befindet sich auf der letzten Runde mit der Linie 5. Auch kurz vor Feierabend heißt es höchste Konzentration. Dann passiert es: Ein Pkw biegt ohne Vorwarnung links ab und kreuzt die Gleise. Obwohl der Stadtbahnfahrer klingelt und eine Vollbremsung einleitet, kracht es. Der Fahrer des Autos ist verletzt und blutet. Unser Kollege funkt die Leitstelle an und merkt, er zittert. Zwar verhindern die Fahrer durch ihr umsichtiges und verantwortungsvolles Verhalten oftmals schwerwiegende Vorfälle, doch auch ‚Beinaheunfälle‘, die fast zu einem Zusammenstoß führen, sind belastend. Denn danach bleibt wenig Zeit zum Durchatmen. Es muss gleich weitergehen, obwohl man schon einen Aufprall vor sich sah“, berichtet Dagmar Pieper aus ihrem Erfahrungsschatz, den sie durch die jahrelange Arbeit in der Mitarbeiterberatung angesammelt hat.

Trotz aller Vorsicht kommt es zu Verkehrsunfällen. (Florian Arp)

Unmittelbare Hilfe

Die ÜSTRA hat nicht nur eine Verantwortung gegenüber ihren Fahrgästen, sondern auch gegenüber dem eigenen Personal und nimmt diese wahr. Ein klarer Ablauf gibt vor, wie auch dem Fahrpersonal nach schweren Unfällen geholfen wird. Alle Personengruppen, die nach Unfällen mit den Fahrerinnen und Fahrern in Kontakt treten, sind durch die Mitarbeiterberatung und den Betriebsarzt geschult. In der Regel fahren zwei ÜSTRA Verkehrssteuerungswagen zum Unfallort, damit eine adäquate Betreuung gewährleistet ist. Oftmals hilft es bereits, die betroffene Person aus dem Geschehen rauszunehmen und sich mit ihr in den Steuerungswagen zu setzen. Dagmar Pieper betont an dieser Stelle, dass es wichtig sei, die betroffene Person bestimmen zu lassen, wo es langgeht: „Möchte er oder sie reden, wird zugehört. Möchte er oder sie in Ruhe gelassen werden, bleiben die Kollegen zumindest in der Nähe. Die Reaktionen nach außergewöhnlichen Vorfällen sind individuell und das ist vollkommen in Ordnung.“ Falls kein ÜSTRA Personal zur Verfügung steht, wie zum Beispiel nachts, wird die Betreuung durch Notfallseelsorger oder den Krisendienst der Berufsfeuerwehr übernommen. Somit ist nach einem schweren Unfall seelischer Beistand garantiert. Nach der Erstversorgung werden vor Ort durch die Polizei die Personalien aufgenommen. Danach geht es für die Betroffenen oft zum Betriebshof, wo der ansässige Hofdienst die weitere Betreuung übernimmt und die Angehörigen informiert.

Dagmar Pieper erklärt mir, wie ÜSTRA Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Unfällen betreut werden. (Foto: Florian Arp)

Mittelfristige Hilfe

Ich frage Frau Pieper, wie es dann weitergeht? Schließlich sind solche Ereignisse ja nicht am nächsten Tag komplett verarbeitet. Deswegen gibt es auch nach der „Erstversorgung“ einen klaren Ablauf: „Nach schweren psychisch belastenden Unfällen, werden die Kollegen routinemäßig zwei Tage durch den Betriebsarzt der ÜSTRA krank geschrieben. Das Attest wird von der Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall gewertet. Am ersten Werktag nach dem Vorfall beginnt dann die Betreuung durch mich“, beschreibt Dagmar Pieper den weiteren Ablauf. In den folgenden Sitzungen wird erarbeitet, dass vegetative Reaktionen normal sind und in unterschiedlicher Form auftreten können. „Die erste Zeit nach dem Unfall ist häufig durch Schlafprobleme und das sogenannte ‚Gedankenkino‘ gekennzeichnet. Das heißt, die betroffene Person muss oft an den Unfall denken und hat Mühe, sich abzulenken. Unruhe und Konzentrationsprobleme können auftreten. Es beschäftigt die Fahrer, ob sie den Unfall hätten verhindern können – mitunter einhergehend mit unrealistischen Ideen wie zum Beispiel: ‚Wenn ich eine halbe Minute später abgefahren wäre, hätte ich den Vorfall verhindert.'“ In der anschließenden Verarbeitungsphase seien Gespräche mit Familienangehörigen, Freunden oder Kollegen hilfreich. Außerdem können Sport und Bewegung förderlich sein. „Es sollte ein Gleichgewicht zwischen Ablenkung und Verarbeitung entwickelt werden. Zur Ablenkung kann auch das Hobby oder ein Ausflug gehören. Angenehme und bekannte Tätigkeiten geben Sicherheit, die im unmittelbaren Moment eines Unfalls verloren geht“, erklärt sie mir. Ist diese erste Phase gut überstanden, kehrt die betroffene Person in kleinen Schritten in den Fahrdienst zurück. Hierbei werden die Fahrdienstanteile langsam gesteigert. Die Belastungsreaktion muss so weit abklingen, dass wieder voll konzentriert und sicher gefahren werden kann – auch wenn komplexe Situationen wie Verkehrsstörungen bewältigt werden müssen.

Seit 1994 betreut Frau Pieper in der ÜSTRA Mitarbeiterberatung das Personal in schwierigen Situationen. (Foto: Florian Arp)

Langfristige Hilfe

Acht Wochen nach der Erstbetreuung füllt der Betroffene einen Fragebogen aus. Hier werden Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) abgefragt, da man erst nach dieser Zeit von einer PTBS spricht. Es geht um eine grobe Eigeneinschätzung. Durch die Betreuung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll diese Erkrankung vermieden werden. Entwickelt sie sich dennoch, wird der Kontakt zur Berufsgenossenschaft hergestellt und an speziell geschulte Traumatherapeuten vermittelt. Die Genossenschaft klärt eine weitere Behandlung ab und führt diese durch. Das Ziel von der Dagmar Pieper ist es, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Erlebte gut verarbeiten: „Durch das etablierte Verfahren soll mithilfe der ÜSTRA Mitarbeiterberatung eine langfristige Erkrankung vermieden werden, sodass die betroffenen Personen wieder in die Spur finden.“ Während ich hier sitze und ihr zuhöre, denke ich mir: Es ist wichtig zu wissen, dass jemand da ist, wenn es drauf ankommt. Jemand wie Dagmar Pieper von der ÜSTRA Mitarbeiterberatung.

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo Herr Wegner! Danke für den interessanten Artikel! Schön, dass die ÜSTRA ihre Fahrerinnen und Fahrer nach einem Unfall so unterstützt. Für 2019 wünsche ich allen ÜSTRANERN ein gutes, unfallarmes Jahr! Ihr ÜSTRAFAN Stefan Fastenau.

    • Hallo Herr Fastenau,

      vielen Dank für Ihr Interesse an unseren Themen und für das positive Feedback. Ihnen ebenfalls ein gutes Jahr 2019.
      Timo Wegner

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