Meine Frau und mich erwischte die erste Corona-Welle Anfang März auf einem Urlaub in Wien. Erste Meldungen über ein Virus aus China gab es da schon, aber niemand ahnte, was kurze Zeit später tatsächlich auf uns zukommen würde. Auf einer Geburtstagsfeier wenige Tage vor unserer Abfahrt machten Witze über Corona-Bier die Runde, das man jetzt besser nicht mehr trinken sollte.
Auf einem Spaziergang durch die Stadt erreichten wir einige Tage nach unserer Ankunft die Karlskirche und wollten rasch einen Blick hineinwerfen, als uns ein Priester in schwarzer Soutane entgegentrat und mit Bedauern informierte, dass die Kirche für Besucher gesperrt sei, „wegen des Virus’“. Die Karlskirche wurde aufgrund eines vom Kaiser während einer Pestepidemie 1713 abgelegten Gelübdes errichtet; dort eine Kerze anzuzünden wäre sicher nicht von Schaden gewesen. Aber dieser Gedanke kam mir damals nicht.
Wir zogen weiter den Hügel hinauf und wollten uns das untere Belvedere von innen anschauen. Auch hier die traurige Nachricht: Geschlossen. Wir erfuhren, dass dies für alle Museen Wiens galt. Österreichs Regierung hatte an diesem Vormittag ihre ersten Corona-Beschränkungen verkündet.
Nun ist Wien ohne Museen ungefähr so reizvoll wie Venedig ohne Kanäle; man kann dann nur noch nach dem Frühstück ins Kaffeehaus gehen und sich mittags das erste Glas Heurigen bestellen. Die Pandemie, die begonnen hatte, Europa und die Welt in den Griff zu nehmen, legte sich wie eine dunkle Wolke unheilvoll über die wunderschöne Stadt. Uns wurde bang.
Irgendetwas hatte mit der Sitzplatzreservierung für unseren Zug zurück nach Hannover nicht geklappt. Auch ein Besuch im Kundenzentrum im Wiener Bahnhof brachte keine Aufklärung. Wir wollten nur noch nach Hause und waren sicher nicht die einzigen deutschen Touristen denen es so ging. Was, wenn der Zug heillos überbucht und überfüllt war? Die letzte Nacht vor unserer Abfahrt war mehr als unruhig und brachte nur wenig Schlaf.
Viel zu früh erschienen wir am Bahnhof und setzten uns auf die Wartebank gegenüber der großen Anzeigentafel. Als mehrere Züge nach Deutschland ersatzlos gestrichen wurden rutschte uns das Herz vollends in die Hose. So fühlte es sich also an, wenn man heimatlos und unbehaust in der Fremde strandet. Ob am Flughafen noch Flieger nach Deutschland gingen?
Aber unser Zug erschien pünktlich und es fanden sich auch noch zwei Sitzplätze für uns. Als wir bei Passau die deutsche Grenze überquerten, trank ich einen großen Schluck aus dem Weizenbierglas. Wir waren auf dem Weg nach Hause. Was für eine Erleichterung.
Wenn Sie jetzt den Eindruck gewonnen haben, ich bin nicht so der Typ Abenteuerurlaub – wissen Sie was: Sie haben vollkommen recht.
Das alles ist nun auch schon etliche Monate her, aber das Virus hat uns immer noch im Griff. Viele, viele Male habe ich vielen Journalisten seitdem erklärt, was wir bei der ÜSTRA alles getan haben und tun: Unser Personal schützen, damit es nicht krank wird und wir weiter Nahverkehr anbieten können. Jeden Fahrgast über die Maskenpflicht zu informieren und die Einhaltung kontrollieren und durchsetzen. Die Fahrzeuge intensiv und an jeder Haltestelle durchlüften, indem wir alle Türen öffnen.
Was wir nicht können ist, soviel Fahrzeuge einzusetzen, dass man jederzeit und überall 1,5 Meter Abstand halten kann. Diese zusätzlichen Fahrzeuge haben wir nicht und Beschaffungen dauern viele Monate. Daher setzen wir auf Maskenpflicht und Lüften. Genug ist natürlich nie genug, aber ich glaube wirklich, wir tun alles, was uns möglich ist, um unsere Fahrgäste vor Infektionen zu schützen. Denn wir wollen, dass auch Sie am Ende des Tages gesund und sicher nach Hause kommen.