Manchmal muss man erst ans andere Ende der Welt fliegen, um zu wissen, was man an seiner Heimat hat. Ähnlich erging es mir, als ich den Jahreswechsel in Südostasien verbrachte. Zwar hatte ich eine tolle Zeit in aufregenden Ländern, der dortige Nahverkehr ließ mich dennoch so manches Mal Hannover und die üstra vermissen.
Am Anfang meiner Reise, bei einem kurzen Stop-Over in Dubai, war ich zunächst jedoch vor allem von der dortigen Präzision beeindruckt. Markierungen auf dem Boden der Bahnsteige zeigen an, wie der Ein- und Ausstieg am besten von Statten geht: In der Mitte steigen die Menschen aus, rechts und links wird gewartet und dann erst eingestiegen. Erst war ich skeptisch, ob sich da wirklich irgendwer dran hält, schließlich haben es Reisende im morgendlichen Berufsverkehr in der Regel eilig. Doch tatsächlich – die U-Bahn hielt und während die ankommenden Fahrgäste ausstiegen, übten sich die Wartenden am Bahnsteig in Geduld. Erst als niemand mehr aus dem Wageninneren nach draußen strömte, stiegen wir nach und nach, ohne Schubsen und Schieben, in die Bahn.
Im muslimischen Kuala Lumpur (Malaysia) hielt die U-Bahn eine Überraschung für mich bereit. Denn dort gibt es extra Frauenwagen für die weiblichen Fahrgäste. Pinke Schilder an den Türen, Bahnsteigen und im Inneren der Wagen weisen darauf hin und auch wiederholte Durchsagen machen einem womöglich verirrten Mann schnell klar – hier hast du nichts zu suchen! Und noch eine Besonderheit verblüffte mich: Öffentliches Küssen gilt als unanständiges Verhalten („indecent behavior“) und ist in den Bahnen streng verboten. Wie unromantisch :( und doch irgendwie passend in diesem sehr gläubigen Land. Dieselbe Bahn brachte mich dann aber auch noch kräftig zum Lachen. Denn obwohl ich mit meinen 1,68m wahrlich kein Riese bin, lagen mir die Halteschlaufen auf dem Kopf, wann immer ich darunter durchgehen wollte. Aber vielleicht gehöre ich in Asien eben doch zu den größeren Leuten. Übrigens werden wir im Sommer ja immer mal wieder dafür kritisiert, dass unsere Busse und Bahnen nicht mit Klimaanlagen ausgestattet sind. Doch nach einer einzigen Fahrt mit der U-Bahn in KL habe ich die Gewissheit: Das ist auch besser so. Denn wer, wie ich, bei 30 Grad auch gern mal in Shorts und Top unterwegs ist, wird von den eisigen Temperaturen kalt erwischt und fängt sich leicht eine fiese Erkältung ein.
Fahrpläne der besonderen Art musste ich in Georgetown/ Penang enträtseln. Die Tafel, auf der mit einem schönen Bild die Route meiner Buslinie illustriert war, zeigte nämlich keine richtigen Abfahrtszeiten. Nur den Takt der Buslinie. Gut, das ist erstmal nicht weiter schlimm, wenn ein Bus alle 20 Minuten fährt, kann man sich die Abfahrtszeit ja einfach selbst errechnen. Wie ist das nun aber mit einem Takt von „30-40“ Minuten. Kommt der Bus in 30, 40 oder vielleicht auch in 33, oder 38 Minuten? So richtig wusste das wohl niemand. Also tat ich es den anderen Wartenden gleich, suchte mir ein schattiges Plätzchen und begann…zu warten.
Wer jetzt denkt, dass der Nahverkehr überall so reibungslos verläuft, sollte mal nach Myanmar reisen. Denn was den Abenteuerfaktor des Nahverkehrs angeht, schlägt Myanmar alles was ich jemals zuvor gesehen hatte. Bahnen gibt es hier nicht und auch Linienbusse sucht man in den meisten Orten vergebens. Um dennoch günstig und schnell von A nach B zu kommen, gibt es die skurrilsten Fortbewegungsmittel, wie zum Beispiel Transporter als Großraumtaxen. Ist der Transporter voll, es wollen aber trotzdem noch Fahrgäste mit, wird sich kurzer Hand hinten dran gehängt. Auch auf Dächern von fahrenden Autos habe ich immer wieder Passagiere – manchmal auch neben Ziegen oder Schafen – sitzen sehen. Wer im Inneren eines solchen Taxis unterwegs ist, hat allerdings noch Glück. Bei einer anderen Fahrt war ich in einem großen Tuk Tuk unterwegs, also in einem Wagen, der auf ein Moped gespannt wurde. Das war nicht nur eine ziemlich wackelige, sondern auch eine ganz schön frische Angelegenheit. Von den Abgasen die man in dem offenen Gefährt einatmet, ganz zu schweigen.
Die außergewöhnlichste Fahrt hatte ich allerdings in einem kleinen und beinahe auseinander fallenden Minibus. Während der Fahrt merkte ich, dass wir immer mal wieder ein wenig von der Fahrbahn abkamen. Schnell spürte ich, dass auch meine Mitfahrer beunruhigt waren von unserer Slalomfahrt. Es stellte sich heraus, dass der Fahrer sehr müde war und immer wieder in den Sekundenschlaf fiel. Den anderen Fahrgästen erklärte er, dass dies nur sein Zweitjob war und er eigentlich schon zu müde sei, um weiter zu fahren. Und so machten wir, quasi während der Fahrt, direkt an der Straße, eine Schlafpause für den Fahrer. Da lob ich mir doch unser deutsches Arbeitsschutzgesetz.
Und so habe ich mich trotz meines tollen Urlaubs auch immer mal wieder auf Hannover und die üstra gefreut. Denn auch wenn bei uns nicht immer alles perfekt läuft, missen möchte ich die Sicherheit und den Komfort unsers Nahverkehrs nicht mehr.
Hallo Ramona,
das mit den Klimananlagen habe ich in den Omnibussen in Friedrichshafen am Bodensee aber ganz anders erlebt, als du das beschreibst. Mag sein, dass die Klimaanlagen in Malaysia zu kalt eingestellt sind, aber in meinem Urlaub in der brütend heißen Bodensee-Region, waren die dortigen hervorragend klimatisierten Omnibusse mit ein Grund, häufiger einen Omnibusausflug einzuplanen. Und auch in Hannover fahre ich, wenn ich die Wahl habe (zum Beispiel auf der Linie 10) an heißen Tagen lieber mit den vollklimatisierten Regiobussen in die Stadt als in den stickig-heißen Stadtbahnwagen. Zur Zeit ist es ja sogar wegen der Regiobus-Umleitung möglich, bis zum Aegi mit dem klimatisierten Bus zu fahren! Was ich auch gerne nutze. Erkältet hab‘ ich mich dabei noch nicht.
Da hab‘ ich die Üstra mit ihren im Sommer überhitzten Bussen und Bahnen am Bodensee nicht vermisst!
Allerdings ist mir in Bremen aufgefallen, dass dort zwar einerseits, was ich gut finde, eine Niederflurstraßenbahn fährt, weil die Mehrzahl der Fahrgäste dort bequem von der Haltestelle aus zusteigen kann, ohne vorher einen Hochbahnsteig erklimmen zu müssen. Aber andererseits habe ich bei einem konkreten Vorfall miterlebt, dass eine Rollifahrerin extrem Probleme hatte bei der Benutzung der automatischen Rampe in der Bremer Niederflurstraßenbahn. Pro Wagen gibt es nur eine solche automatische Rampe und die ist leider notwendig, weil in Bremen die Haltestellen für die Stadtbahn entweder ganz fehlen, oder häufig zu niedrig gebaut sind, um einen barrierefreien Ein- und Ausstieg ohne Rampe sicher zu stellen. Da lob ich mir doch Hannover. Zwar muss ich zuerst auf den Hochbahnsteig kommen, aber von dort gibt es dann zumindest bei den neueren Bahnen TW 2000 und TW 3000 die Möglichkeit barrierefrei zuzusteigen. Demnächst sogar auf der Linie 10 und 17 an den neuen Hochbahnsteigen in der Innenstadt, die ja bis nächstes Jahr noch alle fertig gestellt werden sollen. Gut so!
Viele Grüße, Henry