Aller guten Dinge sind drei! Diese bekannte Redewendung passt aktuell bestens zu Hannovers Hauptbahnhof. Und zwar zu den Rolltreppen vor dem Eingangsbereich in die Tunnelstation zu unseren ÜSTRA Stadtbahnen. Seit einigen Wochen laufen dort die Austauscharbeiten für alle drei Rolltreppen. Eine Riesen-Baumaßnahme, die sowohl für alle Fahrgäste als auch für die Baubeteiligten eine große Herausforderung darstellt. Wir haben die Bauarbeiten an der sogenannten „Drillingstreppe“ eine Nacht begleitet. Mit dem Ergebnis: Der Treppenaustausch liefert nicht nur spektakuläre Bilder, sondern ist notwendig und lohnt sich.
Montagnacht, gegen 23 Uhr: Die Bahnhofshalle in Hannovers Hauptbahnhof ist gespenstisch leer. Ein wenig erinnert mich das Szenario an einen dieser unzähligen Wild-West-Streifen, in denen ein Fremder das Dorf betritt und den Blick schweifen lässt: keine Menschenseele ist zu sehen. Der Wind pfeift und ein nächtlicher Kälteschauer durchströmt ruckartig meinen Körper. Es fehlen nur noch ein paar Strohballen, ich glaube sie werden tumbleweed genannt, um die Szenerie perfekt zu machen. Ein lauter Knall reißt mich aus meinen Gedanken. Das Geräusch kommt vom anderen Ende des Durchgangsbahnhofs, und mir fällt wieder ein, weshalb ich überhaupt am Hauptbahnhof bin – nachts an einem Montag. Der große Rolltreppenaustausch!
Aus alt mach‘ neu: drei neue Rolltreppen an der Station „Hauptbahnhof“
Der Knall stammt von den nächtlichen Abbauarbeiten an den Rolltreppen im Bahnhof.
Denn in dieser Nacht wird eine der drei Rolltreppen ausgebaut – demontiert, wie die Fachleute sagen. Und nachdem ich mir bereits vor einiger Zeit den Treppenaustausch an der Werderstraße angeschaut habe, bin ich insgeheim zum Rolltreppen-Spotter mutiert und möchte dieses nächtliche Spektakel nicht verpassen. Der Kran, der die Rolltreppe anheben soll, wurde soeben befestigt, die alte Treppe wird nun langsam, Stück für Stück aus der Grube gehoben.
Es werden aktuell alle drei Rolltreppen (im Fachjargon heißen sie übrigens Fahrtreppen) zwischen dem Erdgeschoss des Bahnhofs und dem Zugangsbereich zur Stadtbahnstation „Hauptbahnhof“ erneuert. Eine riesige Baumaßnahme, die mehrere Wochen dauert. Die Rolltreppen sind seit Montag, 13. Juni, außer Betrieb, und das bleibt auch noch so – bis voraussichtlich Donnerstag, 18. August 2022.
Wieso braucht der Hauptbahnhof neue Rolltreppen?
Schmutz, Abfall und Materialverschleiß sorgen dafür, dass – trotz regelmäßiger und umfangreicher Wartung – die Rolltreppen irgendwann ihren Zenit erreicht haben und ausgetauscht werden müssen. Speziell die „Drillingstreppe“ im Hauptbahnhof ist extremen Belastungen ausgesetzt, da sie pro Tag tausende Fahrgäste befördert.
Die Anlagen im Hauptbahnhof haben nur ganz selten Pause. Die beiden äußeren Treppen werden nach dem Durchschreiten einer Lichtschranke in Bewegung gesetzt, sie laufen im sogenannten „intermittierenden Einrichtungsbetrieb“. Das heißt: Sie bleiben nur stehen, wenn niemand die Lichtschranke während eines vorgegebenen Zeitraums durchquert. Dies geschieht wegen des hohen Fahrgastaufkommens im Bereich Hauptbahnhof äußerst selten – vielleicht mal in einer Montagnacht. Die mittlere Treppe läuft im „Zweirichtungsbetrieb“. Sie ist so programmiert, dass sie die Fahrtrichtung an die Richtung anpasst, aus der die jeweils größeren Fußgängerströme kommen. Somit sind die „Drillinge“ nahe der Tunnelstation eigentlich im Dauerbetrieb und müssen nach 22-jähriger Betriebszeit einmal runderneuert werden. Die durchschnittliche Lebensdauer der Rolltreppen in den hannoverschen U-Bahnstationen beträgt übrigens 25 Jahre. Die Drillingstreppe hat allerdings aufgrund der hohen Belastungen eine etwas kürzere „Lebensdauer“.
Wenn die Rolltreppen nicht rollen: Die Alternativen für die Fahrgäste
Wenn eine der meistgenutzten Anlagen für mehrere Wochen gesperrt werden muss, betrifft das viele Menschen, die normalerweise tagein und tagaus die „Drillingstreppe“ nutzen. Während der Bauarbeiten stehen ausschließlich die zahlreichen Treppen sowie die Aufzüge zur Verfügung. Für Fahrgäste, die aus der Stadtbahn kommen, haben wir entsprechende Aushänge bereits am Bauzaun der zu sanierenden Rolltreppe angebracht. Für Bahn-Fahrgäste des Regional- und Fernverkehrs gibt es eine entsprechende Beschilderung und Bodenmarkierungen von den Gleisen in Richtung Stadtbahnstation „Hauptbahnhof“.
Bereits an den Treppen der Bahnsteige sind Wegeleitungen zur jeweils nächstgelegenen alternativen Treppe angebracht. Sowohl für mobilitätseingeschränkte Menschen als auch für Fahrgäste mit schwerem Gepäck oder Kinderwagen, stehen wie gewohnt Aufzüge zur Verfügung. Übrigens, die Hinweise zu den Sanierungsarbeiten sind in der elektronischen Fahrtauskunft auf unserer Internetseite und in der GVH App eingepflegt.
Umfangreiche Arbeiten müssen gut geplant sein
Die Arbeiten für den Treppenaustausch im Hauptbahnhof haben am 13. Juni mit rund zweiwöchigen Vorbereitungsmaßnahmen begonnen.
Ab Ende Juni wurden die alten Treppen demontiert und aus dem Hauptbahnhof transportiert. Seit Anfang Juli werden die neuen Rolltreppen eingesetzt. Anschließend folgen die Feinmontage und die Schlosserarbeiten. Am 18. August soll der Bauzaun abgebaut werden und die TÜV-Abnahme erfolgen. Danach ist die neue „Drillingstreppe“ einsatzbereit. Und wer sich jetzt denkt: „Na, die Dinger kann man doch auch einzeln austauschen!“ Nein, das funktioniert nicht: Die drei Treppen werden komplett ausgetauscht, da die Erneuerung der Einzeltreppen unverhältnismäßig länger dauern würde. Demzufolge macht es mehr Sinn, die drei Rolltreppen einmal komplett zu sperren, um danach mit neuen Treppen wieder „Ruhe“ zu haben.
Die Erneuerung der Rolltreppen wurde größtenteils in die Ferien gelegt, da in dieser Zeit niemand in die Schule fährt und wegen der Urlaubszeit zudem weniger Pendlerinnen und Pendler im Hauptbahnhof unterwegs sind. Da die Bauarbeiten mit rund anderthalb Jahren Vorlauf geplant wurden, konnte niemand absehen, dass es durch das 9-Euro-Ticket ein höheres Fahrgastaufkommen geben könnte.
Neue Rolltreppe mit neuer Technik
Die drei neuen Rolltreppen werden auf dem neusten Stand der Technik sein. Dabei wird zum Beispiel die Wegeleitung der Fahrgäste durch großflächige LED-Streifen, die je nach Fahrtrichtung rot oder grün leuchten, erleichtert. Dadurch kann ich als Fahrgast bereits auf große Entfernung erkennen, welche Rolltreppe für meine Fahrtrichtung zu nutzen ist.
Der nächtliche Ausbau der Drillingstreppe bietet spektakuläre Bilder. Unter vollem Körpereinsatz der anwesenden Bauarbeiter, wird der Koloss aus der Grube gehoben und aus dem Hauptbahnhof manövriert.
Gegen drei Uhr morgens ist die heutige Schicht beendet, und der Bahnhof erscheint wieder in der Geisterkulisse, die mich an das eingangs beschriebene Wild-West-Szenario erinnert hat. Nach wie vor fehlen die Strohballen – und jetzt fehlt auch noch eine Rolltreppe. Doch schon bald wird die „Drillingstreppe“ im Hauptbahnhof in neuem Glanz erscheinen und es wieder heißen: „Aller guten Dinge sind drei!“
Nur für mein Verständnis: In einem Blogartikel eines anderen Verkehrsunternehmens ist beim Austausch von einer Fahrtreppe die Rede, also im Grunde eine gleiche “elektrisch angetriebene Treppe“ wie hier.
Welcher Befriff stimmt nun für diese Treppe? LG
Hi „Gonzo“,
es handelt sich um die gleichen Treppen. Der fachlich richtige Begriff ist „Fahrtreppe“. Meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachbereich sagen zu mir immer berechtigterweise: „Die Treppe rollt ja nicht, sondern sie fährt.“ Dennoch ist im allgemeinen Sprachgebrauch die Begrifflichkeit „Rolltreppe“ weiter verbreitet. Deshalb habe ich mich in meinem Blogbeitrag zu den Fahrtreppen bzw. Rolltreppen, dazu entschieden, den umgangssprachlichen Begriff zu nutzen. Viele Grüße
Timo
Schöne Rolltreppen, habt ihr gut gemacht, nur leider etwas zu langsam und hoch sollten zwei Treppen nach oben fahren. Leider heute zu lange warten müssen für 3 Rolltreppen. Die in der Mitte sollte am besten flexibel fahren. Sonst supiii!! ✌️
Hallo!
Danke für den interessanten Artikel und die tollen Fotos!
Beim Lesen kam mir folgende Frage: Was passiert mit den ausgebauten „Fahrtreppen“, werden sie eingeschmolzen und sind Basis für neue Produkte?
Allen, die das hier lesen, und allen ÜSTRANERINNEN und ÜSTRANERN wünsche ich einen guten Rest des Sommers!
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage!
Es grüßt Sie Stefan Fastenau.
Hallo Stefan,
zunächst vielen Dank für deine positive Rückmeldung. Das freut uns zu lesen. Zu deiner Frage: Die Altteile sind nach der langen Betriebszeit nicht mehr zu gebrauchen und werden verschrottet. Dieser „Stahlschrott“ wird aber zum Beispiel für die Produktion von neuem Rohstahl verwendet. Demzufolge ist es „Schrott“ mit einem großen Mehrwert :-). Viele Grüße Timo.
Hallo Timo!
Danke für die Beantwortung meiner Frage!
Schön, dass die Fahrtreppen als Stahlschrott für die Herstellung von neuem Rohstahl dienen.
Viele Grüße von mir, Stefan Fastenau.
Kleiner Hinweis zur Barrierefreiheit: im Hauptbahnhof fallen zur Zeit nicht nur die Rolltreppen aus, sondern mindestens 2 der Aufzüge – das ist in Sachen Barrierefreiheit und aufgrund der Tatsache, dass zur Zeit die Hauptreisezeit ist und viele Menschen mit großem Koffer unterwegs sind, das ALLERLETZTE. Vor den funktionierenden Aufzügen bilden sich lange Schlangen. Wenn aber im Bahnhof mehrere der Aufzüge ausfallen, bedeutet, das auch, dass man zu manchen Gleisen nur mit Rolltreppe von der Einkaufsebene aus kommt – also Rollstühle, Rollatoren, Kinderwagen etc.: Pech gehabt.
Hallo Frau Hettlinger, wir wissen, dass die Instandsetzung der drei Fahrtreppen am Hauptbahnhof den Reisefluss sehr erschwert. Auf die Aufzüge im Bahnhof haben wir aber leider keinen Einfluss. Diese gehören zur DB. Warum die Erneuerung der Rolltreppen aber sinnvoll und notwendig ist, hat mein Kollege ja oben im Text beschrieben. Liebe Grüße
Hallo,
schade dass die Gelegenheit nicht ergriffen wurde, hier 4 Rolltreppen einzubauen. Die drei Treppen waren ja schon vorher oft an der Belastungsgrenze..
Viele Grüße
Benjamin
Es wäre hilfreich, wenn die Rolltreppen vornehmlich nach oben fahren würden, denn die rechte und mittlere Rolltreppe fährt nur nach unten.
Meiner Meinung nach sollten zwei nach oben und eine nach unten fahren, weil das hinaufsteigen von Treppen schließlich viel anstrengender ist als diese hinunterzugehen. Falls eine Automatik vorhanden sein sollte ist diese viel zu träge, als das eine Person von unten die Chance hätte die Richtung umzukehren. Danke fürs Zuhören und Umsetzen!