Die Mobilitätserleichterer
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Die Mobilitätserleichterer

Nach über 30 Jahren musste es einfach sein. Der Aufzug am Aegidientorplatz, einer der ersten im üstra Netz, wurde Mitte Juni außer Betrieb genommen und die Technik einer Rundumerneuerung unterzogen. Einmal alles neu: Getriebe, Schaltschrank, Taster und natürlich die Kabel dahinter. Für die Fahrgäste war das oft ein Ärgernis, für manche sogar ein Hindernis. Schließlich gibt es nur einen Aufzug am Aegi und damit für mobilitätseingeschränkte Menschen keinen anderen Weg hinunter auf den Bahnsteig. Während man einen Kinderwagen durch tatkräftige Unterstützung von Passanten noch nach unten tragen kann, mussten Rollstuhlfahrer nun auf eine andere Station ausweichen. Doch die Einschränkungen mussten sein. Nach mehr als 30 Jahren und 700 Fahrten am Tag waren die Verschleißteile abgenutzt und mussten ausgetauscht werden, bevor sie tatsächlich und final den Dienst einstellten. Die dreiwöchige „Sperrpause“ wurde dazu genutzt, die Komponenten auf den neusten Stand der Technik zu bringen und ihn damit für die Zukunft zu wappnen.

Diese geplanten Ausfälle sind aber nicht der einzige Grund, warum ein Aufzug nicht zur Verfügung steht. Viel häufiger sind die „spontanen“ Störungen. Einige davon sind auf das Wetter zurückzuführen. So fiel die Steuerung am Aufzug Sedanstraße/Lister Meile (stadtauswärts) aufgrund des Starkregens Ende Juni aus. Oder ein Aufzug muss außer Betrieb genommen werden, weil die technischen Elemente aufgrund zu hoher Temperaturen im Sommer überhitzen. Oftmals wird ein Lift aber auch missbräuchlich genutzt.
Vor allem rund um die Station Waterloo häufen sich die Ausfälle, wenn mehr Fußballfans als erlaubt mit ihm fahren wollen. Wird das zulässige Höchstgewicht überschritten, setzen sich die Kabinen erst gar nicht in Bewegung. Hüpfen die Insassen dann auch noch auf und ab während der Fahrt, kapituliert die Maschine, geht aus Sicherheitsgründen „in Fang“ und nichts geht mehr. Danach ist eine Personenbefreiung erforderlich.

Belastungsprobe: An Spieltagen von Hannover96 gehen die Aufzüge an ihre Grenzen. (Foto: Florian Arp)

Belastungsprobe: An Spieltagen von Hannover96 gehen die Aufzüge an ihre Grenzen. (Foto: Florian Arp)

Auch Vandalismus ist ein großes Problem. Häufig werden die Türen gewaltsam aufgeschoben oder eingetreten. Ergebnis: Der Aufzug ist nicht mehr funktionsfähig und muss abgeschaltet werden. Zuletzt gibt es noch die ganz speziellen (Un-)Fälle: Der Lift an der Werderstraße wurde beispielsweise aufgrund eines Autounfalls stark beschädigt und der Schachtkopf auf der Straßenebene so zerstört, dass er zur Zeit nicht genutzt werden kann. Auch hier müssen mobilitätseingeschränkte Personen auf andere Haltestellen ausweichen.

Support rund um die Uhr

Die Aufzüge werden von der Schaltwarte überwacht. Diese ist in der üstra Betriebsleitstelle beheimatet und im 24/7-Dienst besetzt. Wird eine Störung gemeldet, werden die Kollegen des Bereichs „Bauliche Anlagen und Haltestellen“ informiert. Sie überprüfen – abends und am Wochenende durch den Bereitschaftsdienst – was konkret vorliegt. Kleinere Defekte, wie beispielsweise kaputte Taster oder verklebte Lichtschranken, können so oftmals schnell behoben und der Aufzug wieder in Betrieb genommen werden. Liegen größere Schäden vor, wird die Herstellerfirma informiert. Aber auch diese muss das fehlerhafte Element erst einmal identifizieren. Im Zweifel geschieht das durch den Ausbau – und verlängert die Störung damit um ein paar Stunden. Hat die Herstellerfirma die nötigen Ersatzteile nicht vorrätig, kann sich die Instandsetzung weiter hinziehen. Problematisch ist nämlich, dass Aufzüge nicht in Massenproduktion hergestellt werden. Während ein Golf millionenfach vom Band läuft und sich das Vorhalten der einzelnen Ersatzteile damit lohnt, sind Aufzüge im Vergleich dazu fast Einzelanfertigungen. Neuere Bauteile wer- den als Lagerbestand vorgehalten, geht aber der Antrieb eines älteren Aufzugs kaputt, muss das Ersatzteil erst einmal bestellt und geliefert oder nach Muster angefertigt werden. Fällt ein Lift aufgrund eines Unfalls aus, muss zudem der Versicherungsschaden gemeldet und durch Gutachter geprüft werden. Die Instandsetzung ist also nicht nur zeit-, sondern auch kostenintensiv und für die Reparatur muss die Haftpflicht des Unfallverursachers aufkommen.

Im Notfall ist die Hilfe nur einen Hebel weit entfernt. (Foto: Florian Arp)

Im Notfall ist die Hilfe nur einen Hebel weit entfernt. (Foto: Florian Arp)

Sicherheit: Jährlich zum TÜV

Natürlich werden alle 49 Aufzüge an den Haltestellen und Stationen der üstra regelmäßig kontrolliert. Hinzu kommen die jährlichen TÜV-Prüfungen, hier wechseln sich die Zwischen- und Hauptprüfung alle 12 Monate ab. Zudem überwacht die verbaute Technik automatisch vor jeder Fahrt, ob alles in Ordnung ist. Stimmt etwas nicht, wird der Aufzug gar nicht erst in Gang gesetzt und eine Störmeldung an die Betriebsleitstelle abgegeben. Beim Drücken des SOS-Knopfs in der Kabine werden Fahrgäste, die beispielsweise steckengeblieben sind, direkt mit den Kollegen in der Leitstelle per Sprechanlage verbunden und können dann durch die protec befreit werden.
Die protec sorgt außerdem dafür, dass die Kabinen sauber sind. Die Reinigung der Innenkabinen und Außentableaus erfolgt täglich. Zudem hat die üstra einige bauliche Veränderungen vorgenommen, die Verschmutzungen entgegenwirken. So wurden an hochfrequentierten Aufzügen Spiegel angebracht, die den Schmutzfinken ihre Tat direkt vor Augen führen. So stehen die Aufzüge denen, die dringend auf sie angewiesen sind, möglichst sauber und ordentlich zur Verfügung.

Die 49 „Mobilitätserleichterer“ gehören mittlerweile zum Alltag und ermöglichen vielen Menschen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Ihr Ausfall schränkt vor allem diejenigen ein, die auf einen Aufzug angewiesen sind. Aus diesem Grund bemüht sich die üstra, eine möglichst hohe Verfügbarkeit zu gewährleisten. Eine sorgsame Benutzung und eine regelmäßige Überprüfung sind daher unumgänglich.

Dieser Text erschien in der aktuellen Ausgabe des üstraPROFIL.

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo Christine,
    wie kommt es eigentlich, dass bei vielen U-Bahn-Stationen erst so spät Aufzüge eingebaut wurden? (z.B. Sedanstraße/Lister Meile oder Markthalle) Ich vermute, dass es heute noch in vielen U-Bahn-Stationen keine Aufzüge geben würde, wenn die Gesetzeslage, die die Barrierefreiheit im ÖPNV vorschreibt, in den letzten Jahren nicht deutlich verschärft worden wäre.

    Andererseits gab es zumindest an einigen U-Bahn-Stationen schon recht früh Aufzüge, wie z. B. der in deinem Beitrag erwähnte Aufzug in der Haltestelle Aegi. Vor einiger Zeit wurde übrigens darüber berichtet, dass noch ein zweiter dazu kommen soll:
    „Station am Aegi soll zweiten Aufzug erhalten“, HAZ, 30.6.14
    http://www.haz.de/Hannover/Aus-den-Stadtteilen/Mitte/Station-am-Aegi-soll-zweiten-Aufzug-erhalten

    Im BGG, §8, Abs 5 steht: „Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personenverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes barrierefrei zu gestalten. Weitergehende landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.“
    https://www.gesetze-im-internet.de/bgg/__8.html
    Das BGG (=Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG)) ist 2002 in Kraft getreten.
    Der Aufzug in der Haltestelle Aegi aber ist doch schon über 30 Jahre alt, also schon rund 16 Jahre vor Inkrafttreten des BGG eingebaut worden. Gab es einen Vorläufer des BGG? Oder hatten hier die Entscheidungsträger ganz einfach hervorragenden Weiblick bewiesen?

    Dann ist es schade, dass dieser Weitblick an vielen anderen Stationen fehlte, denn der nachträgliche Einbau von Aufzügen ist doch bestimmt um einiges teurer als wenn man so was von vornherein mit einplant.

    • Der Aufzug an der Station Aegi wurde schon so früh eingebaut, da es sich hier um eine Station mit 3 Ebenen handelte. Tatsächlich wurden die anderen Stationen erst später nachgerüstet, da Aufzüge nicht aufgrund der Barrierefreiheit gefordert wurden. Damals setzte man vermehrt auf den Einbau von Fahrtreppen, da damit mehr Menschen auf einmal bewegt werden können.

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