Alles elektrisch, oder was?
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Alles elektrisch, oder was?

„Wow, ist der leise! Läuft der Bus denn schon?“, so lauteten die Reaktionen auf der Jungfernfahrt der ersten eCitaro im September vergangenen Jahres auf der Linie 100/200. Bis zum Jahr 2023 will die ÜSTRA mit 48 Elektrobussen auf allen innerstädtischen Linien innerhalb der Umweltzone Hannovers komplett elektrisch fahren. Dafür müssen die Endpunkte der Innenstadtbuslinien mit Ladeinfrastruktur ausgerüstet und die Betriebshöfe für die Ladungs- und Instandhaltungsprozesse umfangreich umgebaut werden. Doch warum setzt die ÜSTRA auf Elektromobilität und investiert dafür 50 Mio. € in Busse und Infrastruktur?

Die Antwort ist eigentlich ganz einfach und lautet: Unsere Vision null Emission. Was heißt das genau? Die ÜSTRA will in Zukunft komplett CO2-frei werden und damit einen wesentlichen Beitrag zu Hannovers großem Ziel beitragen, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden. Und das Herzstück von Hannovers emissionsfreier ÖPNV-Zukunft ist der komplette Verzicht auf kraftstoffbetriebene Fahrzeuge. So können beispielsweise durch die Elektrobusoffensive pro Jahr 3.800 Tonnen CO2 eingespart werden. Das entspricht dem Schadstoffausstoß von knapp 2.500 Pkw. Mit der Elektrobusoffensive macht die ÜSTRA einen großen wichtigen Schritt hin zu einer sauberen, nachhaltigen und modernen Busflotte und nimmt damit deutschlandweit eine Vorreiterrolle ein, auf die Hannover stolz sein wird.

„Unsere Vision Null Emission“. Auf den Solaris E-Bussen aus dem Pilotprojekt wurde das Thema schon sichtbar, mit der Elektrobussoffensive und dem neuen eCitaro kommt die ÜSTRA ihrem Ziel einen großen Schritt näher. (Foto: Martin Bargiel)

Doch so einfach wie die Antwort klingt, so anspruchsvoll und komplex ist der Weg dahin. Die Zeitspanne, die erforderlich ist, um eine neue Antriebstechnologie einsetzen zu können, ist groß. So starteten die Anfänge der Elektrobusmobilität bereits 2013 mit den Vorbereitungen auf das Pilotprojekt, bei dem im Jahr 2016 drei Elektrobusse auf den Linien 100 und 200 eingesetzt und ein Jahr lang umfangreich getestet wurden. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurde die Elektrobusoffensive gestartet mit dem Ziel, bis 2023 die erste deutsche Großstadt zu sein, die im kompletten Innenstadtbereich den ÖPNV mit CO2-freier Energie elektrisch betreibt. Nach dem bereits erfolgten Start auf der Linie 100/200 werden die weiteren Busse auf den Innenstadtlinien 121, 128, 134 und 120 eingesetzt. Anfang des Jahres hat die ÜSTRA zudem die ersten beiden Gelenkbusse geliefert bekommen. Diese werden nun umfangreich getestet sowie das Fahr- und Werkstattpersonal geschult, bevor sie dann im Laufe des Jahres auf der Linie 121 zum Einsatz kommen.

So wird die Elektrobusoffensive bis 2023 umgesetzt. Auf der Linie 100/200 geht es los.

Anders als bei einem Benzin- oder Dieselbus, der einfach nur ausreichend betankt sein muss, funktioniert ein Elektrobus nur mit der passenden Ladetechnik. Und die hat es in sich: Die Busse werden nachts im Depot geladen und tagsüber an den Endpunkten an Lademasten über einen sogenannten Pantographen kurz „nachgetankt“. Deshalb müssen sowohl die einzelnen Linien als auch die Betriebshöfe umfangreich umgerüstet werden. So wurde für den Betrieb auf der Linie 100/200 am Endpunkt August-Holweg-Platz die vorhandene Ladetechnik aus dem Pilotprojekt erneuert und die Leistungselektronik modernisiert. Im weiteren Verlauf müssen die Endpunkte der Linie 121 (Altenbekener Damm und Haltenhoffstraße), der Linie 128 und 134 (Peiner Straße und Nordring) sowie die Endpunkte Aegidientorplatz und Ahlem der Linie 120 mit Ladetechnik ausgestattet werden. Darüber hinaus werden die beiden Betriebshöfe Mittelfeld und Vahrenwald für die Ladungs- und Instandhaltungsprozesse der Elektrobusse umfangreich umgebaut.

Möglich ist dieses Großprojekts nur durch eine umfangreiche Förderung des BMU sowie der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG).

Jetzt haben wir Anfang 2021, das Elektrobusprojekt ist noch nicht mal richtig abgeschlossen und schon beschäftigt sich die ÜSTRA gemeinsam mit der regiobus mit der nächsten Antriebstechnik: Wasserstoff. Ähnlich wie in den Anfängen der Elektromobilität gibt es hier viele neue Fragen zu klären. Gibt es serienreife Busse? Kann ausreichend grüner Wasserstoff produziert und geliefert werden? Welche Anforderungen gibt es für Buswerkstatt und Tankstelle? Bis Mitte 2021 soll ein Gutachten für die beiden Verkehrsunternehmen mit Unterstützung der Region Hannover erstellt werden. Dabei ist auch die Beschaffung eines Wasserstoffbusses geplant.

„Warum schon wieder ein Wechsel?“, könnte man sich fragen. Doch beim Einsatz von Antriebstechnologien gilt es flexibel zu sein und die aktuellen Entwicklungen zu verfolgen. Die Umstellung der weiteren Buslinien bei ÜSTRA und regiobus mit ihren deutlich längeren Strecken und Umlaufzeiten bringen andere Anforderungen mit sich. Daher ist es umso wichtiger frühzeitig zu planen, um das große Ziel der grünen Null auch wirklich erreichen zu können. Es gilt genau zu beobachten, wie sich die Batterietechnologie weiterentwickelt und damit Reichweiten gesteigert werden können. Parallel gilt es Wasserstoff als alternative Möglichkeit auf Herz und Nieren zu testen, damit ab 2023 neben Elektrobussen auch Wasserstoffbusse zum Einsatz kommen können.

Und vielleicht sitze ich dann 2025 bei der Jungfernfahrt im ersten Wasserstoffbus. Dann bin ich auf die ersten Reaktionen der Mitfahrenden gespannt.  

7 Kommentare Schreibe einen Kommentar

    • Bevor die nächsten Linien elektrifiziert werden, muss zunächst das laufende Projekt beendet werden. Die nächsten Ausbauschritte sind dann ab 2024 geplant. Die Linie 126 wird bei den nächsten Planungen berücksichtigt. Wann genau die Umsetzung erfolgt, kann aber heute noch nicht gesagt werden.

  1. Mir ist aufgefallen, dass seit ein paar Tagen (etwa seit Mitte, Ende Februar) auf der Linie 100/200 mehr von den neuen Mercedes-Elektrobussen fahren als von den MAN-Hybridbussen. Täusche ich mich, oder ist das so?

  2. Bei der „offiziellen Eröffnung“ der umgebauten Ladeinfrastruktur am August-Holweg-Platz wurde auch darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit der Bus-Ladeinfrastruktur auch Ladesäulen für PKW errichtet wurden. Diese stehen nun seit einigen Monaten schon auf dem August-Holweg-Platz, sind aber nach wie vor noch nicht in Betrieb. Wann ist damit zu rechnen, dass diese Säulen ihren Betrieb aufnehmen? Und wie sieht es mit dem weiteren Ausbau aus? Bekommen die anderen Bus-Endpunkte auch zusätzlich PKW-Ladesäulen?

    • Die PKW-Ladeplätze wurden von enercity aufgestellt und werden von ihnen betrieben. Wann genau die „ans Netz“ gehen, kann ich Ihnen daher gar nicht sagen.

  3. Ich hoffe, dass man trotz des Brands im Depot so schnell wie geplant auf E-Busse umsteigen kann.

    Andere europäische Länder sind beim Thema E-Busse schon etwas weiter.

    Übrigens auch auf kürzeren Überlandstrecken, wie man z.B. in Südschweden bei Skånetrafiken sehen kann, wo schon seit Jahren E-Busse von BYD eingesetzt werden.

    Wasserstoff (Brennstoffzelle) ist eigentlich keine wirkliche Alternative, weil der Gesamtwirkungsgrad so schlecht ist, dass man die dreifache Menge Strom erzeugen müsste, wie bei einem reinen E-Bus. Aber es tut sich ja gerade etwas in der direkten Verbrennung von Wasserstoff in Verbrennungsmotoren. Siehe Deutz.

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