Eine der merkwürdigen Eigenschaften von Menschen ist, dass sie sich an schlechte Nachrichten sehr viel besser und länger erinnern, als an positive. Wenn es um Lob, Bestätigung, gar Zuneigung geht, saugen wir dies auf wie ein Schwamm: Es geht uns gut runter und ist gleich wieder verschwunden. Werden wir aber runtergeputzt, zur Minna gemacht, abgeledert – womöglich noch vor anderen – entwickeln wir ein Elefantengedächtnis und nehmen das noch in zehn Jahren krumm.
Im Grunde funktionieren auch die Medien nach diesem Schema: Wenn eine Tür bei der üstra klemmt, gibt es eine Schlagzeile. Dass die anderen zehntausend Türen mal wieder alle in Ordnung waren, interessiert meist niemanden. Damit muss man als Pressesprecher im Nahverkehr leben. Man kann sich ja ein kleines Büchlein anlegen und die guten Nachrichten – die es natürlich auch gibt – darin einkleben wie in ein Poesiealbum. Dieses Büchlein schlage ich jetzt einmal auf und erinnere mich an das zu Ende gehende Jahr 2016.
„Hannover liebt seine Öffis: 93 Prozent der Bürger sind mit dem Nahverkehr zufrieden!“ Diese Schlagzeile gab es im März dieses Jahres zu lesen. Tatsächlich erreichte die üstra bei einer Befragung zur Lebensqualität in Hannover absolute Bestnoten. Die Landeshauptstadt Hannover untersucht mit einer solchen repräsentativen Umfrage alle drei bis fünf Jahre, wie die Hannoveraner die Lebensqualität Ihrer Stadt beurteilen. Von 24 Lebensbereichen in Hannover schnitt der Öffentliche Personennahverkehr am besten ab. 93 Prozent der Befragten waren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zufrieden oder sehr zufrieden. Wow! Die Leute setzen ihre üstra auf Platz Eins – noch vor der Eilenriede und dem Maschsee! Das ging so richtig gut runter. Dafür sage ich aufrichtig danke! Wir lieben Euch auch alle ganz doll. <3
Auch bei einer anderen Gelegenheit gab es gute Noten: Beim ÖPNV-Kundenbarometer 2016 von TNS Infratest Ende August bewerteten die befragten Kunden die üstra erneut mit der Schulnote „sehr gut“. Damit gehörten wir im bundesweiten Vergleich mit 42 Verkehrsunternehmen zur Spitzengruppe und konnte das gute Ergebnis aus dem vergangenen Jahr bestätigen.
Dass die Automobilindustrie das Thema Elektromobilität 2016 für sich entdeckt hat (nachdem sie beim Diesel-Schummeln erwischt wurde), bringt mich dieses Jahr immer wieder zum Schmunzeln. Mit unseren Bahnen bieten wir bereits seit rund 100 Jahren Elektromobilität an, und seitdem wir nur noch CO2-freien Strom beziehen, fährt die Stadtbahn schon heute emissionsfrei durch Hannover. Außerdem haben wir 2016 die Tür zur CO2-freien Mobilität auch beim Bus aufgestoßen. Unter dem Motto „Unsere Vision: Null Emission“ haben wir Anfang April einen Testbetrieb mit drei Elektrobussen gestartet. Auf dem August-Holweg-Platz in Ricklingen feierten wir zusammen mit Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks und zahlreichen weiteren Gästen den Start der üstra Busse in die Elektromobilität. Inzwischen sind die Busse täglich in Hannovers Innenstadt auf den Ringlinien 100 und 200 zu sehen. Nicht nur bei unseren Fahrern kommen die CO2-freien Fahrzeuge sehr gut an, auch unsere Fahrgäste wünschen sich für die Zukunft noch mehr der leisen und schicken E-Busse.
Dass wir zwar nicht alles, aber doch vieles gut machen, zeigen vor allem auch die wachsenden Fahrgastzahlen. Bei der Vorstellung unserer Jahresbilanz 2015 im Mai konnten wir einen neuen Rekord verkünden: Die üstra hat ihre Fahrgastzahlen auf knapp 170 Millionen gesteigert. Das entsprach einer Zunahme von 3,9 Prozent – also weit über dem Bundesdurchschnitt im ÖPNV. (Hurrrrra :-) )
Gefreut haben wir uns auch über den 20. Geburtstag von unserem beliebten Fahrgastfernsehen. Angefangen mit einer großen Eröffnungsparty am Kröpcke im März 1996, informiert und unterhält die Redaktion heute täglich rund 330 000 Fahrgäste alleine in Hannover. Egal ob politische Nachrichten oder tierisch-witzige Geschichten – mit seinem abwechslungsreichen Programm bietet das Fahrgastfernsehen einen echten Mehrwert für unsere Fahrgäste.
Etwas für das grüne Herz aller wahren üstraner gab es zum Jahresende: Der Stadtbahn-Prototyp „601“ kehrte im Oktober nach 41 Jahren zurück nach Hannover. Im Zuge des U-Bahn-Baues hatte die üstra seinerzeit zwei Stadtbahnwagen-Protoypen bestellt, die 1970 ausgeliefert wurden. Sie erhielten die Wagennummern 600 und 601. Mit ihnen konnten wertvolle Erkenntnisse für die spätere Serienbestellung gewonnen werden. Die beiden rot-weiß lackierten Wagen kamen mit Fahrgästen nur auf der Linie 14 zum Einsatz, ehe sie schon vor Aufnahme des Stadtbahnbetriebes im Herbst 1975 abgestellt wurden.
Der TW 601 wurde, nachdem die üstra ihn nicht mehr benötigte, 1975 von Siemens als Vorführfahrzeug nach Kanada gebracht. In Vancouver erhoffte sich der Konzern einen größeren Auftrag; die Entscheidung fiel jedoch für ein anderes System. Der Wagen blieb jahrelang in einem Schuppen am Hafen abgestellt. 1988 wurde er von Vancouver nach Edmonton abgegeben, wo er seitdem auf einer touristischen Straßenbahnlinie eingesetzt wurde.
Zurück ging es in diesem Oktober zunächst auf einem Tieflader von Edmonton nach Baltimore, von dort per Schiff über den Atlantik nach Bremerhaven und dann wieder per Tieflader nach Hannover. 11.000 Kilometer mussten so zurückgelegt werden.
Natürlich kostet so eine Rückholung sehr, sehr viel Geld. Möglich gemacht hat die Rückkehr dieses ganz besonderen Oldtimers nach Hannover der Förderverein STRASSENBAHN HANNOVER, der 2016 zudem bereits sein 25-jähriges Jubiläum feierte. Dort engagieren sich liebenswerte Freunde des hannoverschen Nahverkehrs ehrenamtlich in Ihrer Freizeit, um die Geschichte des ÖPNV zu erhalten. Und genau das macht die Mitglieder des Fördervereins auch zu meinen Helden 2016, die einen unmöglichen Traum geträumt und nicht aufgegeben haben, bis sie ihn verwirklichen konnten.
In meinem Büchlein haben sie einen Ehrenplatz.
Das mit der schadstoffarmen Mobilität möchte ich noch mal besonders unterstreichen. Nicht nur die Stadtbahnen sind abgasmäßig, da elektrisch betrieben, dem MIV vorneweg. Sondern auch die Busse der Üstra und die Regiobusse sind gegenüber dem MIV klar im Vorteil. Wer den Bus benutzt statt den MIV, benutzt ihn nicht alleine, sondern mit vielen anderen zusammen. Das ist beim Auto anders, gerade mal 1,3 Personen fahren durchschnittlich in einem PKW (inklusive Fahrer).
Weniger Schadstoffe als ein Diesel-PKW und das finde ich erstaunlich, produziert ein Diesel-Omnibus. „Medienberichten zufolge stößt ein moderner Diesel-Pkw mehr als doppelt so viele umweltschädliche Stickoxide aus wie ein Bus. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein Bus bis zu 30 Autos auf der Straße ersetzt.“ Quelle: Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (BDO) http://www.bdo.org/presse/pressemeldungen/aktuelle-studie-bestatigt-dieselbusse-sind-besser-als-ihr-ruf
Wie kommt das eigentlich, das ein großer und schwerer Omnibus mit seinem sehr viel stärkeren Motor deutlich weniger giftige Abgase produziert als ein kleiner Diesel-PKW ?
Die Antwort auf deine letzte Frage gibt es hier: http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-247431.html
Hallo Christine,
vielen Dank für den Link zu dem wirklich sehr informativen tagesschau-Beitrag. Darin erläutert Werner Eckert , der Leiter der SWR-Umweltredaktion die Ergebnisse der ICCT-Studie zu den PKW- und LKW-Abgaswerten. Demnach stößt ein Diesel-PKW 0,5 mg Stickoxide pro km aus, ein Diesel-Omnibus oder LKW dagegen nur 0,2 g/km. Ein Benzin-PKW 0,05 g/km.
Hier geht es zu diesem Schaubild auf tagesschau.de: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/diesel-fahrzeuge-101.html
Als Grund nennt Eckert, dass bei den Diesel-PKW systematisch die staatlichen Kontrollbehörden die hohe Stickoxidbelastung augenzwinkernd in Kauf nahmen und immer noch nehmen. Die Autofirmen nutzten deshalb die Schlupflöcher, die die Kontrollbehörden offen ließen, weil sie ihren Kunden das Nachtanken des Harnstoffs ersparen wollten, was bei LKW und Omnibussen bereits seit Jahren ganz selbstverständlich ist. Und der eine wirksame Abgasreinigung bewirken kann, wenn der Harnstoff im ausreichenden Maße der Abgasreinigungsanlage des Motors zugeführt wird. Es ist wirklich unglaublich, was sich da abspielt. Und es ist eine große Unverschämtheit, dass jetzt manche versuchen, für erhöhte Stickoxid-Werte die Omnibusse des ÖPNV verantwortlich zu machen.
Ich wünsche mir, dass die Verkehrsunternehmen noch viel deutlicher sich dagegen zur Wehr setzen, dass quasi die Omibusfahrgäste die Schuld für die von den Diesel-PKW-Fahrern verschmutzte Atemluft in die Schuhe geschoben werden soll.
Vielleicht könnte man ja mal ein entsprechendes Faltblatt entwerfen und in den Omnibussen auslegen?
Ja, das bedauern wir auch sehr und wir bemühen uns genau diesen Punkt immer wieder zu betonen. Ein Faltblatt allein wird ein Umdenken aber wahrscheinlich nicht bewirken.