Schöner warten
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Schöner warten

Warten nervt. Vor allem auf den Bus zu warten nervt: Immer wenn ich überpünktlich an der Haltestelle bin, dann kommt er (zumindest gefühlt) sowieso zu spät. Und jetzt muss ich mir hier vor Langeweile die Beine in den Bauch stehen…? Nein! Warum sich nicht mal mit Design und Architektur beschäftigen und die Wartezeit so überbrücken? Mit Hannovers BUSSTOPS, die Haltestelle und Kunstobjekt in einem verkörpern, ein Kinderspiel.

Die Idee hinter den BUSSTOPS ist simpel und genial zugleich: Sie sollen „das alltägliche Warten auf Bahn und Bus nicht nur als vergeudete Zeit empfinden lassen, sondern als eine kurze Ruhe, an einem besonderen Ort, eine Offerte an die Sinne“, so beschreibt es Prof. Lothar Romain,  einer der Initiatoren des Projekts. Es bildete den letzten – und wahrscheinlich auffälligsten – Baustein der fünfjährigen Kampagne „Kunst im öffentlichen Raum“, das die Stiftung Niedersachsen 1990 ins Leben rief. Internationale Designer und Architekten wurden beauftragt, ganz besondere Wartehäuschen – oder auch Witterungsschutzdächer, wie man sie früher nannte – für Hannover zu entwerfen.

Wohl einer der ungewöhlichsten „Dachgärten“ Hannovers: Der BUSSTOP auf der Limmerstraße. (Foto: Florian Arp)

Auf das Projekt „BUSSTOPS – Zeichnungen und Modelle“ 1992 folgte zwei Jahre später schließlich „BUSSTOPS – Die Realisierung“. Die ausgefallenen Vorlagen und Modellen von Ghini, Gehry und Co. ließ der Designer Peter Ruthenberg – vielen Widrigkeiten zum Trotz – Wirklichkeit werden. „Jeder Quadratmeter öffentlichen Bodens, und will man auch der Stadt ein bleibendes Geschenk darauf aufbauen, ist mit mehreren Gesetzen und Bestimmungen beschrieben“, erklärt Lothar Romain die Schwierigkeiten der Umsetzung. „Wer sich da durchzukämpfen hat, weiß – bei aller schönen Theorie – was „Kunst im öffentlichen Raum“ bedeutet.  Entstanden sind dabei sehr unterschiedliche Wartehäuschen: Vom funktionalen BUSSTOP am Aegi, über die bepflanzte „grüne Oase“ auf der Leinaustraße bis hin zur schwarz-gelben „Lego-Haltestelle“ am Steintor. Letztere musste übergangsweise wegen der Bauarbeiten beim Projekt 10/17 weichen. Ende diesen Jahres kommt sie aber zurück – dann tatsächlich als reine Bushaltestelle.

Inzwischen sind die BUSSTOPS fast 25 Jahre alt, gehören aber nach wie vor zu den Hinguckern in Hannovers Straßen. Auch im internationalen Vergleich finden sie noch immer viel Beachtung: Sechs der BUSSTOPS sind darum im gerade erschienen Bildband „Anhalten bitte!“ vertreten. Autor Jens Bey unternimmt darin „eine Reise zu den ungewöhnlichsten Haltestellen der Welt“ und bezeichnet Hannover, das in dem Buch so oft vertreten ist wie keine andere Stadt, als „World Capital of kreative Bushaltestellen“.

Die „Walfischflosse“ an der Haltestelle „Maschsee/Sprengel Museum“ ist einer der sechs BUSSTOPS, die laut Autor Jens Bey zu den ungewöhnlichsten Bushaltestellen der Welt zählen. (Foto: Florian Arp)

Und während ich am Königsworther Platz auf die Linie 100 warte, frage ich mich jetzt, was sich der Designer Ettore Sottsass dabei gedacht hat, eine Bushaltestelle als Tisch mit Tischdecke zu gestalten. Welcher Tisch hat überhaupt gelbe, gekreuzte Beine? „Hier kommt man echt auf andere Gedanken“, denke ich und merke, dass der nächste 100er inzwischen schon an mir vorbeigefahren ist. Zum Glück lässt es sich hier ja ganz gut warten.

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Schöner warten,
    die Busstop-Kunstwerke finde ich sehr schön. Ich hätte aber auch eine Idee beizutragen, die in diesem Sommer sicher ganz gut ankäme: Eine Bushaltestelle mit einem ausreichend großen schattigen Dach, dass aber mit Lamellen ausgestattet ist, die das Dach im Winter und bei bewölktem Himmel nach oben durchsichtig machen, ohne dass es reinregnet. Zum Beispiel ein Glasdach mit Lamellen drunter. Und gleichzeitig Solarzellen auf dem Dach, die einen großen Ventilator antreiben, der die wartenden Fahrgästen mit einem kühlen Luftstrom vor dem Hitze-Infarkt retten. Wenn schon keine klimatisierten Busse, dann wenigstens erfrischende Haltestellen!

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